Rezension

Lebensumstände als Idealismusbremse

Die Heldin der Geschichte -

Die Heldin der Geschichte
von Heidi Pitlor

Bewertet mit 4 Sternen

Ein nigerianisches Sprichwort besagt, “um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf.” Die alleinerziehende Allie hält sich mit ihrer Arbeit als Ghostwriterin gerade so über Wasser, braucht aber häufig Nebenjobs als Aushilfslehrerin oder Gärtnerin. Das “Dorf”, das auf ihren Sohn Cass aufpasst, besteht aus ihrem Lebensgefährten, Allies Eltern und der manchmal zerstreuten Nachbarin.  

Allies Kund:innen sind Personen des öffentlichen Lebens, die sich mit Allies Zusammenarbeit ihre Memoiren schreiben lassen. Ihr letzter Auftrag ist geplatzt, und nun hat Allie die Gelegenheit die Biografie einer Frau zu Papier zu bringen, die ihr und zehntausenden anderen Amerikaner:innen ein feministisches und fortschrittliches Vorbild ist. Dumm nur, dass ihre Auftraggeberin viel zu beschäftigt ist, um viel zum eigenen Buch beizusteuern. Zwischen der Erziehung ihres Sohnes Cass und den Nebenjobs versucht Allie eine Biografie zu schreiben, die den Anforderungen des Verlags entspricht und das Möglichste aus den spärlichen Beigaben ihrer Auftraggeberin rausholt. Die Aufgabe gestaltet sich zunehmend schwieriger, als das soziale Gefüge sich nach und nach auflöst und sie keine Betreuung für Cass mehr hat.  

  

Heidi Pitlors “Die Heldin der Geschichte” spielt während einer brisanten Zeit, als Trump für die Präsidentschaft kandidiert und die Wahl für sich entscheidet. Die Lager Amerikas sind geteilt. Als Allie den lukrativen Auftrag bekommt für die berühmte Feministin zu schreiben, glaubt sie eine Verbündete gefunden zu haben, muss jedoch schnell feststellen, dass die Realitäten der beiden Frauen sich stark unterscheiden. Allie hat Überzeugungen, deren Realisierung an ihrer prekären sozialen Lage scheitern. Sie ist unterhalb der gläsernen Decke, ihre privilegierte Auftraggeberin mit ihrem Wohlstand, einer Nanny und Ambitionen jenseits des nächsten Gehaltsschecks darüber. 

Wichtige Themen, verpackt in einer Geschichte, die hautnah an der realen Erlebniswelt vieler (amerikanischer) Mütter ist! Und so zeigt sich, dass jede Feministin ihre eigenen Hürden zu überwinden versucht.