Rezension

Lesenswert erzählte deutsche Nachkriegsgeschichte

Die Schwestern vom Ku'damm: Jahre des Aufbaus - Brigitte Riebe

Die Schwestern vom Ku'damm: Jahre des Aufbaus
von Brigitte Riebe

Bewertet mit 5 Sternen

Der Prolog beginnt im Jahre 1932, das Mode-Kaufhaus Thalheim & Weisgerber wird nach einem prunkvollen Umbau feierlich wieder eröffnet. Die Familie Thalheim und ihr direktes Umfeld werden kurz vorgestellt. Die eigentliche Handlung beginnt jedoch im Mai 1945 – Berlin und damit auch das Modekaufhaus Thalheim liegen in Schutt und Asche, die jüdischen Weisgerbers sind bereits zu Beginn des Krieges in die USA geflüchtet. Die Villa der Thalheims wird von den Russen konfisziert,  aber Oma Friedas alte Wohnung in Charlottenburg ist noch erhalten, so dass die vier Thalheim-Frauen ein Dach über dem Kopf haben. Die Vier, das sind die Schwestern Rike und Silvie sowie die Französin Claire, die zweite Frau von Friedrich Thalheim mit Tochter Florentine. Zufällig treffen sie die Jüdin Miriam Sternberg wieder, die Tochter der ehemaligen Schneiderin im Mode-Kaufhaus und selber äußerst begabt. Außerdem konnten sie zwei ihrer Nähmaschinen abenteuerlich retten und sie wagen sie einen Neuanfang.

Dadurch, dass die Schwestern völlig unterschiedlich sind, ist die Handlung sehr facetttenreich. In diesem ersten Band ist Rike, die älteste der drei, die Hauptperson. Sie ist eine starke Persönlichkeit, leidet aber immer noch unter dem Verlust ihrer Mutter, für den sie sich eine Mitschuld gibt. Als Vater Friedrich aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause zurückkehrt, muss sie ihre Ansichten im Familienunternehmen durchsetzen, da Frauen in dieser Zeit noch nicht als Geschäftsfrauen ernst genommen wurden. Silvie dagegen hat eine wunderschöne Stimme, beginnt eine Karriere beim Rundfunk und wartet sehnsüchtig auf ihren im Krieg verschollenen Zwillingsbruder Oskar. Florentine zeichnet gerne und treibt sich lieber im zerstörten Berlin herum, statt zur Schule zu gehen.

Brigitte Riebe wirft eine ganz neue Perspektive auf den Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg. Es geht hier viel um Hoffnung und Überlebenswillen. Die Menschen nach dem Krieg möchten wieder ein ganz normales Leben führen, brauchen dazu allerdings sehr viel Kraft. Diesen schweren Weg durch Hunger, Kälte und Entbehrungen hat die promovierte Historikerin mit viel Feingefühl gekonnt beschrieben.

Das Buch lässt sich flüssig lesen und ist in einer guten Sprache geschrieben, ich habe es regelrecht verschlungen. Das Cover zeigt das berühmte Café Kranzler sowie eine junge Frau und passt damit sowohl zu Berlin als auch zu der damaligen Mode. Im Anhang befindet sich eine Aufstellung der geschichtlichen Ereignisse zwischen 1945 – 1951, ein einschneidender und prägender Zeitraum in Deutschland. Diese geschichtlichen Fakten verknüpft die Autorin geschickt mit  der Handlung.

Der Auftakt der 50er Jahre Trilogie von Brigitte Riebe hat mich begeistert und ich bin neugierig, wie es mit Familie Thalheim weitergeht.