Rezension

Loslassen für einen Neuanfang

Und im Gepäck das Leben -

Und im Gepäck das Leben
von Elizabeth Musser

Bewertet mit 4.5 Sternen

„...Ich komme einfach nicht mehr damit klar, dass du immer alles kontrollieren musst, Abbs. Ich … Brauche eine Auszeit...“

 

Diese Worte ihres Mannes Bill treffen Abbie hart. Gerade erst hatte sich Bobby, der ältere Sohn, auf eine Europareise begeben, obwohl ein Elitecollege auf ihn wartet. Jason, der jüngere Sohn, ist in ein Sportinternat gewechselt. Abbie steht vor den Scherben ihrer Familie.

Die Autorin hat eine bewegende Familiengeschichte geschrieben. Es geht um Loslassen und Vertrauen.

Bobby möchte malen. Seine Oma hat schon vor Jahren sein Talent entdeckt und ihn gefördert. Europa ist für ihn eine Chance, denn dort kann er bei einem Bekannten seiner Oma Unterricht nehmen. Seine Großmutter rät ihm zu.

 

„...Eins weiß ich, Bobby. Lass dich nicht von den Erwartungen anderer zerquetschen. Dann vertrocknet deine Kreativität. Nutz diese Chance...“

 

Zuerst aber arbeitet er in einer Flüchtlingsunterkunft in Wien. Dort lernt er die junge Iranerin Rasa kennen. Er lädt sie ein, ein Stück mit ihm den Pilgerweg zu gehen. Auch Abbie entscheidet sich, ihren Sohn auf den Pilgerweg zu begleiten. Außerdem wird Bobby von Stephen gebeten, seine Schwester Caro mit auf die Wanderung zu nehmen.

Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Dazu trägt auch bei, dass die Geschichte immer wieder aus der Sicht eines anderen Protagonisten erzählt wird. Dadurch erhalte ich Einblicke in ihr Denken und ihre Gefühle.

Die gemeinsame Wanderung führt einerseits zu inhaltsreichen Gesprächen, andererseits hat jeder den Raum, sein eigenes Leben aufzuarbeiten. Vor Abbie steht die Frage, wann sie begonnen hat, alles und jeden zu kontrollieren. Warum ist sie nicht bereit, ein Stück Verantwortung an Jesu abzugeben, sondern vertraut nur auf die eigenen Kräfte?

Bobby muss lernen, dass Hilfsbereitschaft Grenzen hat und dass er nicht die Lasten anderer ungefiltert schultern kann.

Caro hat mit dem Glauben nichts am Hut. Sie hat sieben schwierige Jahre hinter sich und immer noch nicht die Antworten auf all ihre Fragen bekommen. Eine ihrer Erfahrungen lautet:

 

„...Das Leben ist voller unendlicher Möglichkeiten. Französische Männer mögen Worte wie Verantwortung und Rechenschaft nicht. Sie halten Sinneslust nicht für eine Sünde und glauben nicht daran, dass Schönheit nur für auserwählte Momente reserviert ist...“

 

Rasa muss zur Ruhe kommen. Ihre Panikattacken zeigen, dass die Spuren der Flucht nachwirken. Beeindruckend ist ihr tiefer und unerschütterlicher Glaube an Isa, wie sie Jesus nennt. Sie scheut sich auch nicht, Fremden von ihren Erlebnissen aus dem Glauben heraus zu erzählen.

In den Tagen der Wanderung hat jeder seine ganz persönlichen Erfahrungen gemacht. Altes loszulassen öffnet Räume für neue Ideen. Bobby formuliert das so:

 

„...Aber so ist es manchmal, nicht wahr? Man muss manches erst loslassen, bevor man es wirklich haben darf...“

 

Selbst für Abbie und Bill gibt es eine neue Chance. Beide haben begriffen, was sie aneinander haben und was sie ändern müssen.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen.