Rezension

Lübeck und die Hanse zum Leben erweckt

Hansetochter - Sabine Weiß

Hansetochter
von Sabine Weiß

Hansetochter von Sabine Weiß ist ein historischer Roman über das Leben in Lübeck zur Blütezeit der Hanse. Der Roman ist erstmals im Januar 2014 im Lübbe-Verlag erschienen.  Im Frühjahr 2016 erscheint die Fortsetzung  „Die Feinde der Hansetochter“.

Lübeck, 1375: Als Henrikes Vater plötzlich stirbt, reißen ihr Onkel und seine Familie das Erbe an sich. Gemeinsam mit Simon, ihrem Bruder, muss sie sich entscheiden, ob sie sich in ihr Schicksal fügt oder um ihr rechtmäßiges Erbe kämpft.

Charaktere: Sabine Weiß lässt uns in einem Zeitraum von einem knappen Jahr am Leben von den Kaufmannskindern Simon und Henrike, sowie des Kaufmannes Adrian aus Brügge teilnehmen.Henrike ist ein junges, mutiges Mädchen im heiratsfähigen Alter. Von den Rückschlägen, die ihr wiederfahren, lässt sie sich nicht unterkriegen. Wie es sich für eine Kaufmannstochter gehört, besitzt sie einiges an kaufmännischem Geschick und kann so ihr Schicksal selber in die Hand nehmen. Dabei ist sie aber dennoch auf dem Boden geblieben und hat auch ein Herz für die Armen in der Bevölkerung.Ihr Bruder Simon ist erst 12 zu Beginn der Geschichte und muss noch viel lernen, bis er ein echter Kaufmann ist. Aber auch er besitzt schon ein gutes Gespür für ein gutes Handelsgeschäft und hat ein Talent für Zahlen, während Henrike sich besser mit den Waren an sich auskennt.  Im Laufe der Geschichte wächst er zu einem jungen, ehrgeizigem Mann heran, der aber durchaus auch etwas einstecken kann. Adrian Vanderen ist ein erfolgreicher Kaufmann aus Brügge, der seine Handelsbeziehungen ausbauen möchte. Hierbei soll ihm Konrad Vresdorp, Henrike und Simons Vater, helfen. Als dieser plötzlich stirbt, ist er auf sich alleine gestellt und muss ohne einen Bürgen versuchen in Lübeck Fuß zu fassen. Hartwig, Ilsebe und Nikolas Vresdorp sind der nicht so vorbildliche Teil der Vresdorp-Familie. Hartwig Vresdorp hat kein Gespür fürs Kaufmännische und setzt auf Betrügereien und Schmiergelder. Mit dem Erbe seines Bruders möchte er sich von seinen Schulden befreien. Seine Frau spinnt hierbei die Intrigen und schreckt vor nichts zurück. Ihr Sohn Nikolas ist durch die strenge Erziehung zu einem wahren Monster geworden, der andere gerne quält und beherrscht. Die Tochter Telse ist eher unscheinbar und missgünstig anderen gegenüber.

 

Meine Meinung zum Buch: 

Sabine Weiß versteht es Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Ich war sofort in der Geschichte drin und konnte mir alles sehr gut vorstellen. Zu einem nicht unerheblichen Teil lag dies sicher auch daran, dass ich aus der Gegend komme und von daher die Altstadt von Lübeck recht gut kenne.Aber auch die Personen kann man sich gut vorstellen und man fiebert sofort mit ihnen mit. Dies gelingt ihr auch dadurch, dass sie die Charaktere aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet, wie  z.B. aus der Sicht des Gehilfen, der in Henrike verliebt ist. Darüber hinaus lässt sie den Leser an alltäglichen Situationen und Gedankengänge der Protagonisten teilhaben. Sehr interessant fand ich auch die detaillierten Beschreibungen eines typischen Kaufmannslebens zur Zeit der Hanse. Man erfährt etwas über die Warenprüfung, den Handel an sich oder auch die Handelsreisen auf den Koggen zu anderen Städten, wie Bergen oder Brügge. Auch über meine eigene Heimatstadt habe ich etwas Neues gelernt. Immer mal wieder streut die Autorin mittelalterliches Plattdeutsch in ihre Dialoge ein. Das hat mir auch sehr gut gefallen, gerade auch, weil es so wohl dosiert eingesetzt wurde, dass es den Lesefluss nicht stört. Ich fand die gesamte Geschichte in sich schlüssig. Natürlich benimmt sich die Hauptperson nicht immer total typisch wie eine Kaufmannstochter der damaligen Zeit. Ich finde aber gerade in diesem Roman werden die Grenzen nicht überreizt, sodass es durchaus möglich erscheint, dass jemand zur Zeit der Hanse ein ähnliches Schicksal gelebt und gemeistert hat. Am Anfang des Buches gibt es ein kurzes Personenverzeichnis, dass die wichtigsten Personen vorstellt und auch historische Persönlichkeiten hervorhebt. Am Ende des Buches finden wir ein kurzes Glossar und eine Nachbemerkung der Autorin, in der sie aufzeigt, wie sie recherchiert hat und ob die Geschehnisse im Buch fiktiv sind oder so durchaus zur Zeit der Hanse hätten stattfinden können. Das einzige kleine Manko, das für mich aber nicht wirklich ins Gewicht fällt, ist der Schluss. Hier scheint es mir so, als ob gekürzt worden ist oder sich die Autorin kürzer fassen musste. Alles passiert plötzlich auf einmal und wirkt so ein wenig abgehackt. Halt irgendwie so, als ob keine Zeit oder keine Seiten mehr da waren. Wäre man da seinem Stil treu geblieben, wäre das Buch denke ich so 50-100 Seiten dicker geworden. Dies hätte meiner Meinung nach aber auch nicht unbedingt geschadet.

 

Fazit: Für mich ein sehr empfehlenswerter und informativer Roman über die Blütezeit der Hanse, in einer Stadt mit einem sehr schönen historischen Stadtkern.