Rezension

Macht traurig und wütend zugleich!

Zuhause in Fukushima - Judith Brandner

Zuhause in Fukushima
von Judith Brandner

Bewertet mit 4 Sternen

Judith Brandner erzählt in "Zuhause in Fukushima" die Geschichte einiger Menschen, die von der Reaktorkatastrophe im März 2011 betroffen sind.

Wir lesen, wie sich das Leben für diese Menschen verändert hat, welche Sorgen, Ängste, Probleme, aber auch welche Hoffnungen sie haben.
Unter anderem porträtiert die Autorin eine Biobäuerin, eine Umweltaktivistin, eine Kindergärtnerin, einen Arzt, aber auch einen Maler und einen Komponist. Sie spricht mit einer ganzen Familie, die geflohen ist und sie erfährt Brisantes von einem Undercover-Journalist.
In kurzen Kapiteln, die von schönen Fotografien der Personen begleitet werden, bringt Judith Brandner uns die menschliche Seite der Katastrophe näher.
Erschreckend in diesem Buch sind für mich vor allem die Erkenntnisse über die Machenschaften der Regierung und großen Konzerne: die Folgen der Radioaktivität werden konsequent verharmlost und auch vor eindeutigen Lügen schreckt man nicht zurück, um die Bevölkerung im Unklaren zu lassen. Messwerte werden gefälscht, die zulässige Jahreshöchstbelastung einfach mal großzügig angehoben. Einfach unglaublich und doch tägliche Praxis - nicht nur in Fukushima.

Das Buch lässt mich etwas wütend zurück: wie können Menschen nur so unverantwortlich sein? Auf der anderen Seite sind da die betroffenen Menschen, die sich selbst sogar einen Teil der Schuld geben, da sie nicht früher schon gegen die Atomkraft gewesen sind. Sind wir Menschen überhaupt noch zu retten? Wir lernen scheinbar nichts aus solchen Katastrophen, biegen uns alles so zurecht, damit wir möglichst unbehelligt weiter leben können.
Judith Brandners Buch zeigt aber, dass dies oft nicht gelingt. Sie berichtet von Menschen, die sich nicht unterkriegen lassen wollen, die sich füreinander einsetzen und die sich gegen die Atomenergie wenden.
Das Buch hat mir insgesamt ganz gut gefallen, vor allem auch die begleitenden Fotografien. Was die Auswahl der Interviewpartner betrifft, hätte ich mir noch etwas mehr "normalere" Menschen gewünscht, aber da wäre eine Kontaktaufnahme vielleicht schwierig gewesen. Die Geschichten der Künstler haben mich eher weniger berührt, dagegen wäre ein Besuch in einem Flüchtlingszentrum vielleicht noch sehr interessant gewesen.

Fazit: Ein berührendes Buch darüber, wie die menschliche Unfähigkeit und Ignoranz das Leben von einzelnen Personen für immer verändern kann.