Rezension

Mal wieder hat mich Joelle Tourlonias zum Kauf verführt

Spiegel, das Kätzchen - Gottfried Keller

Spiegel, das Kätzchen
von Gottfried Keller

Bewertet mit 4 Sternen

Spiegel ist ein Kater, der bei einer alten Dame lebt. Sein Fell ist so seidig, dass man sich darin wohl spiegeln könnte. Wohlbehütet kümmert sich die Frau um ihn und er sich um diejenigen Mäuse, die zur Plage werden. Als die alte Dame stirbt, verkaufen die Erben das Haus und setzen den armen Spiegel vor die Tür. Der Kater ist fortan darauf angewiesen sich selbst zu versorgen. Er findet nur spärlich Essen, der Kater magert mehr und mehr ab und sein Fell ist zerzaust und schmuddelig.
Da läuft ihm der Stadthexenmeister Pineiß über den Weg, der die Gelegenheit beim Schopfe packt und dem Kater ein Geschäft anbietet. Pineiß will den Kater füttern mit allem, was ihm lieb ist, um ihm beim nächsten Vollmond den Schmerz abzunehmen. Der ausgehungerte Spiegel willigt ein und unterzeichnet den Vertrag und bekommt fortan Leckereien von sahniger Milch bis zu gebratenem Geflügel zu essen. Mit der Kraft kommen auch Spiegels Sinne wieder und er muss einsehen, dass das kein gescheites Geschäft ist, wenn er mit der Abnahme des Schmers auch sein Leben verliert. Fortan mäßigt er seine unersättliche Gier beim Essen, um nicht so massig zu werden, wie ihn der Herr Hexenmeister gerne hätte. Dieser bemerkt Spiegels Vorhaben, und weil er sich betrogen fühlt, sperrt er die Katze in einen Käfig, um sie zu mästen. In seiner Gefangenschaft erzählt der Kater Herrn Pineiß die Geschichte von einem Schatz, den seine alte Besitzerin in einem Brunnen versteckt hat und mit einer List gelingt es dem Kater aus seinem Vertrag herauszukommen.

Auf das Buch bin ich gestoßen, als ich eine Vorschau der Insel-Bücherei durchgeblättert habe, und mittlerweile ergibt es sich, dass jedesmal, wenn ich Bilder von Joelle Tourlonias sehe, ich mitten in der Bewegung innehalte, um zu schauen. Die Illustrationen sind mal wieder unglaublich schön, ich liebe einfach ihren Stil!
Tja, und die Geschichte? Es ist eine interessante Erzählung über Gier, Schröpferei und List, bei der ich am Ende aber gar nicht wusste, wer nun eigentlich wen übers Ohr haut. Der Hexenmeister versucht Spiegels missliche Lage auszunutzen, um am Ende selbst der Gelackmeierte zu sein.

Kommentare

Emswashed kommentierte am 19. Juli 2020 um 21:59

Walter Moers hat mit dem "Schrecksenmeister" diese Novelle aufgegriffen und ihre Protagonisten in Zamonien zu neuem Leben erweckt. Ich habe mir zeitnah auch Spiegel, das Kätzchen dazu durchgelesen, allerdings als Reclam-Ausgabe ohne Illustrationen.