Rezension

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Mehr als Latte Macchiato und Karriere

Stadt, Land - Schluss
von Judith O'Reilly

Bewertet mit 4 Sternen

Der Vierjährige, der Zweijährige, ein Vater und eine schwangere Mutter lassen sich auf das Experiment "Landleben" ein. Das klingt nach einer spannenden Geschichte und das ist es auch.

Der Vierjährige, der Zweijährige, ein Vater und eine schwangere Mutter lassen sich auf das Experiment "Landleben" ein. Das klingt nach einer spannenden Geschichte und das ist es auch.

Das Buch "Stadt, Land - Schluss" ist kein gewöhnlicher Roman. Es basiert auf dem Blog "wifeinthenorth" von Judtih O'Reilly. Wenn man sich das klar gemacht hat, dass das Blog jetzt ein Buch ist, dann wirds auch leichter das Buch zu lesen. Die Autorin wechselt in ihrem Schreibstil ganz intuitiv. Eben schildert sie noch die wirklich zum Schreien komische Geschichte über ihre drei Kinder und einen Umzug ins Ersatzcottage mit nicht nur einem Hindernis, mal notiert sie nur kurz die wirklich herzerwärmenden Wünsche ihres Sohnes, der König werden will. Und dann ganz plötzlich zwischendurch sinniert sie fast lyrisch über die Schönheit des Landes und hält inne, um das Alles für sich zu begreifen.

Judith erlebt nicht nur das Experiment "Landleben", sondern auch das Experiment "Hausfrau und Mutter". Sie verlässt die pulsierende Metropole London nicht nur um Gummistiefel gegen Pumps zu tauschen, sondern auch Herd gegen Laptop. Ihr Ventil und ihre einzige Verbindung zur Außenwelt bleibt dabei das Bloggen. Sie erlebt das Muttersein in vollen Zügen und kämpft mit den Vorurteilen anderer, dass das Alles sein kann. Judith lebt jetzt ein Leben, dass sie sich nie hat vorstellen können und was sie selber wahrscheinlich mehr als einmal belächelt und bagatellisiert hat. Doch mit jedem Tag spürt man, wie die Wurzeln in der Heimat wachsen. Natürlich erlebt sie dabei auch Rückschläge und verlässt sich in einigen Dingen doch zu sehr auf das Feingefühl ihres Mannes, der sein Leben in London eigentlich weiterführt und Judith nicht nur einmal mit einem leeren Tank sich selbst überlässt.

Doch Judith hat sich entschieden. Etwas mehr als zwei Jahre gibt sie dem Experiment und sich, um mit der neuen Situation klar zu kommen. Sie erlebt die Geburt ihrer Tochter und genießt die stillen Momente mit ihr und dem Muttersein. Sie kämpft wie eine Löwin, gegen das Mobbing an der Schule ihres ältesten Sohnes und erfährt dabei auch selbst Ausgrenzung und Missgunst. Sie lernt alleine mit Bauarbeitern klar zu kommen, die das Budget für den Umbau des neugekauften Cottages mehr als ausreizen und vieles, vieles mehr.

"Stadt, Land - Schluss" ist die Geschichte einer Frau, die mehr will vom Leben als Latte Macchiato, Cocktails und Karriere. Das schildert Judith O'Reilly in wirklich einzigartiger Art und Weise. Prädikat: empfehlenswert.