Rezension

Mehr als nur eine Geschichte!

Chroniken von Chaos und Ordnung. Band 3: Bargh Barrowson - J. H. Praßl

Chroniken von Chaos und Ordnung. Band 3: Bargh Barrowson
von J. H. Praßl

Bewertet mit 5 Sternen

Es ist finsterer geworden in Amalea. Das Chaos, vermeintlich besiegt, formiert sich neu und stärkt seine Reihen, bereit zurück zu kehren. Auf ihrem neuen Auftrag müssen sich Chara, Telos, Bargh und Thorn weiter wagen, als jemals zuvor. Vor allen Dingen weiter in ihre eigenen Abgründe..

Das ist weider eine der Rezensionen, die mir besonders schwer fallen. Kritik ist beim Schreiben einfach dankbarer als ausschweifende Lobeshymnen. Begeisterung ist nunmal leider ein Gefühl, dass sich nur ungern an Worte binden lässt. Auch wenn ich mir sicher bin, dass ich den Chroniken hier nicht gerecht werden kann, werde ich versuchen euch zumindest einen Eindruck des Unfassbaren zu geben..

Die ersten Seiten sind ein bisschen wie heimkommen. Wenn man als Leser mit Haut und Haaren in die Chroniken eintaucht, hat man keine andere Wahl als sich bei den ersten Zeilen sofort wieder Zuhause zu fühlen. Das Wiedersehen mit unseren Protagonisten ist eher wie das Wiedersehen mit alten Freunden, man merkt erst wie sehr man sie wirklich vermisst hat, wenn sie wieder da sind.
Und doch fühlt sich einiges anders an. Denn wie der Klappentext bereits verspricht hat die Finsternis Einzug gehalten in Amalea. Und diese Dunkelheit spürt man von Anfang an, diffus nur durch die Zeilen kriechend und doch sitzt sie von Beginn an im Nacken. 
Lange dauert es allerdings nicht, bis genau dieses Böse ein Gesicht bekommt. Und dieses Gesicht ist wahrhaft schrecklich. Der dritte Band ist deutlich härter als seine beiden Vorgänger, härter, als man es zumeist aus diesem Genre kennt. Zartbesaitete Leser werden keine andere Wahl haben, als über eine Dutzend Seiten die Zähne zusammen zu beißen. Und ich spreche hier noch nicht einmal von den physischen Gewaltexzessen, obwohl die auch mehr als nur eine Grenze übertreten. Ich rede viel mehr von dem, was unsere Akteure hier psychisch aushalten müssen. Wenn man in einer Handlung mittendrin statt nur dabei ist fühlt man mit - und in diesem speziellen Fall sind die Gefühle eben alles andere als angenehm.
Dennoch hatte ich nie das Gefühl, hier Gewalt nur um des Voyeurismus Willens lesen zu müssen. Da steht mehr dahinter, vielleicht sogar eine der Quintessenzen, die die Chroniken von Anfang an mit transportiert haben : Ohne Dunkelheit kein Licht und wo Licht ist, ist auch Schatten. Das grenzenlose Gute kann in einer Welt ohne das abgrundtief Böse nicht existieren. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich das manifestiert.

Auch mein Liebling, Chara, wurde hier wieder zu genüge bedient. Langsam fallen weitere Steinchen an ihren Platz und versuchen das Bild zu komplettieren. Nach dem dritten Teile habe ich das Gefühl, Chara so gut zu kennen wie sie sich selbst. Zugegeben, das ist nicht wirklich viel, aber zumindest sind wir nun auf dem selben Stand und ich kann gemeinsam mit ihr versuchen, die letzten Fäden zu entwirren.
Bei Chara ist dem Autorenduo ohnehin eine Gratwanderung gelungen. Bei einem Charakter, der von derart vielen Mythen und Geheimnissen umgeben ist wie sie ist es schwer, den Leser bei der Stange zu halten und zugleich nicht zu viel zu verraten. Besser als hier hätte man das nicht machen können.
Ebenso spannend finde ich, wie sich mein Blickwinkel auf einige Figuren im Laufe der Handlung verändert hat. Mit Telos kann ich jetzt deutlich besser, der ist mir nicht mehr so unangenehm. Und Al'jebal, in Band 2 für mich noch ein klarer Antagonist, hat meine Meinung ins Wanken gebracht. Neu gebildet hat sie sich bis jetzt noch nicht.

Die Charaktere und ihre Entwicklung sind ja sowieso der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Mit ihnen steht und fällt die Handlung. Umso schwieriger ist es, altbekannte und geliebte weg zu nehmen und "Neulinge" einzuführen. Genau das ist hier aber geschehen. Und ich kann auch jetzt noch nicht behaupten, dass mir das gefallen würde. Ich habe seitenlang vor mich hin geflucht, auf eine Wendung gehofft und mein Herz schmerzt auch jetzt noch ein bisschen. Aber das ist auch gut so - kein wirklich gutes Buch ohne Herzschmerz, das weiß ich spätestens seit Dumbledore vom Turm gestürzt ist.

Ich könnte hier noch so viel mehr anbringen - die fantastischen Wesen, die hier neu eingeführt wurden und die Amalea noch plastischer wirken lassen, den wundervollen Schreibstil, die Tatsache dass trotz der wahnsinnig hohen Seitenzahl keine einzige überflüssig scheint und und und - letztendlich muss man die Chroniken aber einfach selbst erleben, alles andere wäre ein wenig so, als würde ich euch den Geschmack einer Erdbeere beschreiben, ohne dass ihr jemals eine gegessen habt. Denn egal ob man sie nach dem Lesen mag oder nicht, aber sie sind schlicht etwas zum erleben, ein bisschen anders als andere Romane. 
Unbedingt lesen - mir wurde das Herz nach der letzten Seite schwer, weil ich so lange auf den letzten Teil warten muss. Und das hatte ich das letzte Mal bei Harry Potter..