Rezension

Merkwürdiges Ende einer großartigen Reihe

Der elfte Gast - Arne Dahl

Der elfte Gast
von Arne Dahl

Bewertet mit 3.5 Sternen

Jahre sind vergangen seit der Auflösung der A-Gruppe. Jahre, in denen Gunnar Nyberg sein Leben als Schriftsteller genossen hat, ohne mit dem Übel der Welt konfrontiert zu sein. Nur seine Ex-Kollegen hat er vermisst: Paul Hjelm, Kerstin Holm, Arto Söderstedt und all die anderen. Das hat ihm dieser Brief gezeigt, der sie zu einem letzten Treffen zusammenruft. Doch was will der unbekannte Absender von ihnen? Auch der Treffpunkt wirft Fragen auf: ein verlassenes Herrenhaus, eine festlich gedeckte Tafel und eine Speisefolge wie im 18. Jahrhundert. Hinter all dem steckt ein ausgeklügelter Plan – und den kennt nur der mysteriöse elfte Gast. (Verlagsseite) 

Das von Agatha Christie bis zum Billig-Krimi vielfach verwendete Zehn-kleine-Negerlein-Motiv als Grundlage eines A-Team-Thrillers?
Nicht möglich!?! 
Ausgerechnet das A-Team, das bisher für spannungsgeladene, komplexe Krimis der Extraklasse sorgte, in der ersten Liga der an guten Büchern nicht armen Schwedenkrimis spielte und dessen Auflösung jeden Krimifan schmerzte. 

Es beginnt, wie man es von Arne Dahl kennt: Eine alte (diesmal sehr alte) Geschichte wird erzählt, der man als Leser zwar gefesselt folgt, mit der man aber (noch) nichts anfangen kann. Anschließend wird jedem Mitarbeiter des Teams ein eigenes Kapitel gewidmet, so dass man erfährt, wohin es ihn verschlagen hat und wie seine private und berufliche Situation nach zehn Jahren aussieht.
Nacheinander fährt Söderberg mit dem Familienbus jede Adresse an, bis sie schließlich gemeinsam das geheimnisvolle Haus erreichen. Noch hält jeder aus der Gruppe einen Kollegen für den mysteriösen Gastgeber. Im Haus findet jeder in seinem Zimmer ein Sinngedicht mit zehn Versen, und jeder bezieht einen Vers ganz besonders auf sich. Auch hier wieder: Die genaue Struktur der Zehn. 

Beim Essen, das der Speisefolge des Ereignisses entspricht, die der Leser (nicht aber das Team) aus dem ersten Kapitel kennt, hat jeder laut Anweisung des Gastgebers auf der Einladung eine Geschichte zu erzählen; die Reihenfolge wird durch die Verse assoziativ verknüpft.
Zwischen den Geschichten mehr oder weniger sinnvolles Geplapper, Frotzeleien und Philosophierereien, um den Bogen von einer zur nächsten zu spannen, was nicht immer gelingt und konstruiert wirkt. Die Spannung wird nur von zwei Strängen gehalten: Was hat das alte Geschehen mit der Gegenwart zu tun? Und: Wer ist der Gastgeber? 

In den Geschichten erkennt man Dahl. Sie sind mysteriös, oft verworren oder mit einem merkwürdigen Ende, vielfältig an Themen und Motiven und bilden den lesenswertesten Teil des Buches.
Bis dahin verfolgte ich den Gedanken: Dahl hatte eine Anzahl Krimi-Kurzgeschichten in der Schublade, und weil Kurzgeschichten sich nicht so gut verkaufen wie Romane und jeder A-Team-Krimi a priori zum Bestseller wird, schob er sie dem Team unter und veröffentlicht sie auf diese Weise.
Das Urteil stand fest: Dieses Buch ist des Abschieds vom A-Team unwürdig. 

Aber dann: DIESE Pointe. Die Enttäuschung des Leser vorausgesehen und ihn dadurch hinters Licht geführt.
Was sagt Dahl mit der Pointe: Ich leide unter der Zerschlagung des A-Teams genauso wie du, lieber Leser, und darum serviere ich uns noch ein Häppchen, einen Absacker, den wir genießen, aber bitte nicht ernst nehmen sollen. Gleichzeitig sagt er aber auch: Jetzt ist Schluss mit dem A-Team. 

Dass die Frage nach dem Geschehen von 1737 geklärt wird, versteht sich von selbst. Dass die Klärung nur möglich ist dank der überragenden Intelligenz, der Kooperation und der Intuition der Mitglieder des A-Teams (unter der Verwendung des Gedichts), versteht sich ebenso.
Und dann? Lässt Dahl sich doch noch eine Option offen?