Rezension

Mittelmäßiges Verwirrspiel

Die Seidenhändlerin - Gabriela Galvani

Die Seidenhändlerin
von Gabriela Galvani

Bewertet mit 3 Sternen

18. Jh. Italien. Emilia und Serena sind zwar eineiige Zwillinge, könnten aber unterschiedlicher nicht sein. Während Emilia sich in Wien eine Liebelei mit einem verheirateten Mann hingibt und leider feststellen muss, dass sie eben nur die Geliebte ist und auch noch ihre Stelle verliert, hat Serena in der italienischen Heimat Como die Leitung des familieneigenen Seidenhandelsunternehmen übernommen und bisher erfolgreich, wenn auch skrupellos, geleitet und Affären mit dem einen oder anderen Liebhaber. Als ihre Schwester nach Italien zurückkehrt, ist Serena gar nicht begeistert, fürchtet sie doch, das Unternehmen nun teilen zu müssen. Unter recht merkwürdigen Umständen verstirbt Serena noch in der ersten Nacht nach Emilias Ankunft. Emilia nimmt dies zum Anlass, die Identität ihrer Schwester anzunehmen und sich nun selbst um den Seidenhandel zu kümmern. So trifft sie auch auf den Liebhaber ihrer Schwester, den verheirateten Zeitungsverleger Francesco Agnelli, der allerdings denkt, er habe seine Geliebte Serena vor sich….

Unter dem Pseudonym Gabriela Galvani hat die Erfolgsautorin Micaela Jary mit ihrem Buch „Die Seidenhändlerin“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und der damaligen Zeit angepasst; er lässt den Leser eintauchen eine vergangene Epoche zu Zeiten Napoleons Eroberungsfeldzüge durch Europa. An der Seite von Emilia darf der Leser sich auf viele Überraschungen und Verwicklungen gefasst machen, die einiges an Spannung versprechen. Der historische Hintergrund wurde von der Autorin sehr schön recherchiert und mit ihrer Handlung verwoben. Auch gibt sie Einblick in das damalige gesellschaftliche Leben und die Folgen der Revolution auf die Bevölkerung. Die Landschaftsbeschreibungen sind bildhaft und farbenfroh, so dass der Leser die wunderbare italienische Region der Lombardei mit seinen Pinienbäumen regelrecht vor sich sehen kann, während der herrliche Duft von frischen Gewürzen die Nase kitzelt und man von italienischen Köstlichkeiten träumt. Der Spannungsbogen steigt zu Beginn recht schnell an, flacht dann leider wieder ab.

Die Charaktere sind recht bunt und vielseitig gestaltet, besitzen sie alle doch individuelle Eigenschaften. Doch leider fehlt es ihnen allesamt an dem gewissen Etwas, dem Gefühl. Das macht es dem Leser schwer, sich gut in sie hineinversetzen zu können und so liest sich die Geschichte eher wie eine Beobachtung, die man macht, als wenn man während der Handlung mitfiebert und mitleidet. Emilia ist die Gute der beiden Schwestern und eine recht naive, gutmütige Frau, die sich in eine Situation hineinmanövriert, wobei sie jederzeit mit Entlarvung rechnen muss. Erstaunlicherweise merkt das niemand in ihrer Umgebung, also muss ihre Tarnung wohl perfekt sein, was realerweise sehr schwer vorstellbar ist, dass sich ein Mensch 24 Stunden am Tag verstellen und vorgeben kann, jemand anderer zu sein. Serena ist eine harte Geschäftsfrau, die ihrem Vergnügen ohne Rücksicht auf Verluste frönt. Stefano ist ein rücksichtsloser und schnell aufbrausender Mann. Julie ist eine arrogante und egoistische Frau, die sich nimmt, was sie will. Francesco ist ein impulsiver Mann, dem man allerdings auch so manchen Bären aufbinden kann.

„Die Seidenhändlerin“ ist ein unterhaltsamer Roman mit historischen Zügen und einem Setting im schönen Italien zur Zeit Napoleons, der mit einem Identitätswechsel für jede Menge Verwirrung sorgt und manchmal nicht sehr realistisch wirkt. Für zwischendurch ganz nett, aber mehr auch nicht.