Rezension

Mondsucht trifft Sonnenanbetung

Moon Chosen - P. C. Cast

Moon Chosen
von P. C. Cast

Bewertet mit 3 Sternen

Bisher hatte ich ein recht klares Bild von einer postapokalyptischen, dystopischen Welt – im Zerfall befindliche Ortschaften und Städte, Autowracks, die die Straßen pflastern, auf denen der Asphalt aufgerissen ist und die Löwenzähne sich ihren Weg bahnen. Dennoch hat sich ein letzter Rest der Zivilisation bewahrt, wie ein sanftes Echo. Die verbleibenden Überlebenden haben einen Weg gefunden, Strom zu erzeugen und die letzten Rohstoffe sinnvoll zu nutzen. Sie leben in kleinen Gemeinschaften, weil man allein nur schwer überlebt und sind dabei neue Gesellschaftsformen aufzubauen. Natürlich stirbt man schneller, Medikamente sind endlich, aber das Wissen der vorangegangenen Welt kann ja nicht so schnell verloren gehen… so oder so ähnlich lief das bisher ja auch in der Literatur ab. Back to the roots bzw. ins Zeitalter der Naturvölker hatte ich eher nicht auf dem Schirm. Das Setting bei P.C. Cast ist eine Mischung aus Waldnaturvolk mit künstlerischen Fertigkeiten und einer gewissen Nachtunverträglichkeit bzw. Sonnen- und Hundeanbetung. Und dann gibt es Menschen, die in den alten ehemals zivilisierten Städten hausen und aufgrund einer rätselhaften Krankheit sich kannibalisch bei den anderen Stämmen bedienen – Haut und … ach, führen wir das mal besser nicht näher aus.

Womit wir schon beim Grundproblem dieses Buches wären: die Zusammenstückelung verschiedener erzählerischer Bausteine, die einfach kein rundes Ganzes ergeben will. Die Unterschiede sind einfach zu krass, zu unglaubhaft in die neu aufgemachte Welt eingebettet und teilweise auch erzählerisch wie sprachlich nicht miteinander verbunden. Dabei sind wirklich interessante, ja sogar spannende Ansätze da. Ein Volk, dass dem Mond nahe steht, der ihm gleichsam schadet. Ein Volk, dass eine enge Bindung zu einem Tier eingeht und aus dem Sonnenlicht Kraft schöpfen kann. Stämme, die sich nach dem Ende der Zivilisation entwickelten, eine neue Verbindung zur Natur eingingen und mittlerweile über viele Generationen neues Leben, eine neue Kultur begründeten. Die Naturszenen sind teilweise wirklich gut geschrieben und lassen die Bilder vor meinem Auge tanzen. Doch immer wieder werde ich beim Lesen aus dem Fluss heraus gerissen, weil die nächste Episode sich stolpernd anschließt.

Und es ist natürlich auch Romantik im Spiel, ein kleines bisschen Romeo und Julia. Ohne dies wäre es auch kein richtiges Jugendbuch. Dazu spielen vor allem die jungen Figuren die tragenden Rollen, wobei deren Pubertät eigentlich auch fast hinter ihnen liegen sollte, manchmal benimmt sich aber die 18jährige Mari wie ein Zwölfjährige. Es scheint eben alles nicht bis zu Ende gedacht und bedacht. Sehr schade. Die Figuren wachsen einem einfach nicht so recht ans Herz, obwohl es auch hier ganz gute Ansätze gibt. Doch es fehlt die Tiefe in den Charakteren, die Motivation einzelner Figuren wird nicht klar, ihnen fehlt die Glaubwürdigkeit. Das sollte gerade bei einem Auftaktbuch zu einer Serie etwas engagierter wirken. Sonst fehlt mir als Leser die Motivation auch zum Nachfolgeband zu greifen.