Rezension

Monster in der Sylter Schickeria

Düsteres Watt -

Düsteres Watt
von Sabine Weiss

Inhalt: Die junge Michelle lässt ihre Drohne über einem Sylter Naturschutzgebiet fliegen, um den Sonnenaufgang zu filmen. Dabei taucht auf den Aufnahmen der Drohne ein lebloser Körper auf. Und ist da noch ein Schatten? Michelle ist zur falschen Zeit am falschen Ort. Nach einem anonymen, telefonischen Hinweis von ihr wird eine Leiche in den Dünen gefunden. Es ist Karl von Raboisen. Ein reicher Adeliger, dessen Frau Polikterin ist. Der Kronprinz seines Vaters Eduard von Raboisen, der den Vorstandsvorsitz der Holding erben soll. Feinde hatte Karl genug. Nur wer hat ihn ermordet? Ertrunken in den Dünen. Komissarin Liv und ihr Chef Hennes suchen einen Mörder mit einem abartigen Humor.

Leseeindruck: Sabine Weiß schreibt toll. So wie immer. Urlaubsfeeling auf Sylt ist angesagt, wenn Kommissarin Liv und Rechtsmediziner Sebastian anfangs gemütlich im Kajak rund um Sylt paddeln. Und bei der Untersuchung der Leiche in den Wanderdünen, klebt der Schutzanzug an der Haut, das Eis schmilzt schneller, als es sich schlecken lässt. Die Sommerhitze ist greifbar. Nebenbei schiebt Sabine Weiß kleine Geschichtsstunden ein. So sind die alten Strandräuber auf Sylt nur auf das Holz der Schiffe scharf gewesen. Nach Büchern von Sabine ist man immer schlauer.
Das ist mein erster Liv Lammers Krimi. Das ermittelnde Team finde ich interessant. Ich mag die professionelle Art, mit der Kommissarin Liv ihren Job erledigt. Dass Teamleiter Hennes zur ersten Lagebesprechung kalte Getränke und Eis organisiert, macht ihn sofort sympathisch. Auch dass Hennes bei den versnobbten Reichen in den Vernehmungen Kante zeigt, hat was. Spannungen sind aber bei Liv und Kollege Andreas vorprogrammiert. Das behindert dann auch die Arbeit im Team.
Der ermordete Karl war ein Monster. Mitten drin in der Sylter Schickeria. In seiner Jugend hat Karl über die Stränge geschlagen. Schampus-Karli hat ihn die Klatschpresse getauft. Die Zeiten waren vorbei. Aber Karl hatte dann andere Leichen im Keller. Viele hatten ein Motiv, ihm den Tod zu wünschen. Seine Frau Charlotte musste ihre Macarons verstecken. Sie ist zu dick, zu faul, zu dumm und macht einfach alles falsch. Und das war noch die harmlose Art, mit der Karl Charlotte und die Töchter runtergeputzt hat.
Karls Vater Eduard ist da nicht besser. Ein Despot, dem schon mal die Hand ausrutscht. Die Familie hat drunter zu leiden, das Personal auch. Das klingt nun hart. Aber mir tat da der Vater Eduard, der um seinen Sohn und Erben trauerte, kaum leid. Und dass der Rest der Familie und das Personal nur Trauer heucheln, um nicht verdächtig zu sein, leuchtet mir ein.

Fazit: Der Krimi hat einen gruseligen Mörder. Der Prolog enthält seine Gedanken. Berechnend und kalt. Vor dem Mord macht er erst seine Bilanz in Microlifes aus. Bei der Suche von Liv und Hennes nach dem Mörder konnte ich mitfiebern. Spannend hat die gemacht, dass es so viele Verdächtige gab. Der vermögender Geschäftsmann Karl war daheim ein waschechtes Monster. Als narzisstischer Kontrollfreak.
Am Schluss von düsteren Watt (Band 6) ist der Mörder von Karl zwar eingelocht. Der Krimi endet aber mit einem massiven Cliffhanger. Lückenlos aufgeklärt wird der Mord an Karl erst in Band 7. Wer also keine Cliffhanger mag, sollte besser warten, bis der Folgeband raus ist. Um dann Band 6 & 7 am Stück zu lesen.