Rezension

Nach den ersten paar Seiten wird es wesentlich besser

Blutpsalm
von Meredith Winter

Bewertet mit 4 Sternen

Prostituierte leben am Rand der Gesellschaft und der Job, den sie ausüben, wird als der niedrigste angesehen den es gibt – und das, obwohl es einer der härtesten ist, der existiert; der sowohl psychische, als auch körperliche Spuren nach sich zieht und der ein gewisses Maß an schauspielerisches Talent benötigt. Pfarrer werden im Gegensatz dazu vor allem am Land hoch angesehen, sie predigen, befreien von Sünden, schenken Trost, taufen und beerdigen. Beide Berufe kombiniert Meredith Winter in ihrem neuesten Ladythriller „Blutpsalm“ wie Yin und Yang, was ein loderndes Feuer der Leidenschaft mit einem Schuss Spannung ergibt.

Jonathan Littke ist Pastor in dem kleinen Dorf Sommerburg irgendwo im Norden Deutschlands. Er lebt ein sehr konservatives Leben und will sich seine Jungfräulichkeit bis nach der Ehe aufsparen. Die richtige Frau hat der Mitte 30-Jährige aber noch nicht gefunden. Er hat, so wie Marlene, seine Geschichte, die seit einem Jahr als Prostituierte arbeitet. Nach und nach werden beide Geschichten erzählt. Doch davor muss man über die ersten paar Seiten, die sich leider wie der Beginn eines schlechten Pornos lesen. Danach wird es aber wesentlich tiefgründiger.

Vor allem in der ersten Hälfte des Buches ist der Krimi eher Nebenschauplatz, denn die Gefühle zwischen Jonathan und Marlene, die sich innerhalb weniger Seiten ineinander verlieben, dominieren die Handlung und wenn sie nicht gerade heiße Küsse tauschen, streiten sie sich. Das ist einerseits natürlich völlig legitim, weil beide überwältigt sind von den starken Gefühlen, die sie recht schnell füreinander haben – andererseits hätte ich den beiden am liebsten entgegengeschrien „Habt endlich mal Versöhnungssex!!!“.(genau genommen habe ich es sinnloserweise tatsächlich probiert). Mir persönlich war es doch etwas zu viel Auf und Ab, zu viel Schmalz und Drama – aber nicht umsonst begann die Rezensionsanfrage der Autorin mit den Worten „auch wenn Du ein Mann bist“. Frauen werden unter Garantie mehr Freude an diesen Szenen haben.

Was mir dafür ausnehmend gut gefallen hat, war der Krimi-Aspekt der Geschichte, der etwa sechzig Seiten vor Ende so richtig Fahrt aufnimmt, gut recherchiert, durchdacht und irrsinnig packend ist. Auch gut recherchiert sind medizinische Fachbegriffe, auch wenn ich mit der Hälfte davon nichts anfangen konnte, da ich sie googeln hätte müssen, um sie zu verstehen. Meredith Winter lässt abgesehen davon ein paar Fragen offen und es befinden sich ein paar Ungereimtheiten im Plot – all das wird in einem separaten [SPOILER]-Artikel besprochen.

Tl,dr: „Blutpsalm“ von Meredith Winter ist ein Ladythriller, der ein faszinierendes Thema aufs Tapet bringt, mit tiefgründigen Hauptcharakteren, einer Fülle an Gefühlen und einem gut durchdachten und recherchierten Krimi-Teil. Ist zwar nicht JederMANNs Sache, aber deshalb ist es ja auch ein Ladythriller. Mehr Rezensionen gibt es auf Krimisofa.com!