Rezension

Nach einer Eingewöhnungszeit wunderbar fantasievoll

Broken Lands - Kate Milford

Broken Lands
von Kate Milford

Bewertet mit 3.5 Sternen

Liao grinste ebenfalls. "Sie sind ein Fuchs, Mr. Walker, der vor dem Tiger durch den Dschungel schleicht und glaubt, dass die Tiere vor ihm fliehen und nicht vor der größeren Gefahr, die ihm folgt. Ich lasse mich von Füchsen nicht herumkommandieren."
Walker versteifte sich. Liaos Grinsen wurde breiter, als ob auch er Reißzähne fletschen würde. "Und im Übrigen auch nicht von Tigern", setzte er hinzu, "aber das soll nicht Ihre Sorge sein."
"Alter Mann", sagte Walker kalt. "Diesen Kampf wollen Sie doch gar nicht."

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INHALT:
Der Kartenspieler Sam lernt eines Tages die junge Chinesin Jin kennen, als diese von zwei Jungen bedrängt wird - und ist sofort von ihr fasziniert, als sie sich mithilfe ihrer Feuerwerkskünste selbst in Sicherheit bringt. Kurze Zeit später begegnet er ihr wieder, allerdings unter düstereren Umständen: Sie hat eine schrecklich zugerichtete Leiche entdeckt. Und das ist erst der Anfang, denn etwas Böses geht um in Brooklyn und es fordert Menschenleben. Ob die sogenannten "Unheimlichen" gewinnen oder nicht, hängt von Sam und Jin ab, denn sie und ihre Freunde sind die Einzigen, die eine Ahnung haben, wie die Gegner zu besiegen sind.

MEINE MEINUNG:
Kate Milfords "Broken Lands" ist ein Roman der besonderen Art. Er verbindet phantastische Elemente mit historischen Fakten aus dem Jahr 1877 und bedient sich daher auch eines alten Brooklyns. Aber auch Leser, die sich in früheren Zeiten nicht besonders auskennen oder sich nicht dafür interessieren, dürften sich in dieser Welt hervorragend zurechtfinden. Denn auch wenn selbstverständlich alles sehr altmodisch ist, die Fortbewegung zum Beispiel per Kutsche stattfindet, gelingt es der Autorin durch ihren Schreibstil, einen vollständig in die Geschichte hineinzuziehen und die Details statt trocken spannend und interessant aufzubereiten.

Sam ist ein Protagonist, mit dem man sich, obwohl er erst 15 Jahre alt ist, sehr gut identifizieren kann. Er besticht durch seine Intelligenz, seinen Wortwitz und seinen Mut. Zwar wird er in Gegenwart von Jin manches Mal etwas kopflos, es gelingt ihm aber trotzdem, die schwierigen Situationen gut zu meistern. Auch Jin ist eine interessante Hauptfigur. Sie hat es aufgrund ihrer Herkunft in der rassistischen Bevölkerung nicht leicht und lebt nur bei ihren Feuerwerken voll auf. Sie wirkt anfangs etwas distanziert, im Laufe der Handlung kommt jedoch auch ihre weiche und durchaus liebenswürdige Art zum Vorschein. Und auch die Nebencharaktere können überzeugen - der Wanderer Tom Guyot, der Kartenspieler Tesserian und auch die beiden Bösewichte Walker und Bones überzeugen durch Vielfältigkeit und Ideenreichtum.

Ebenso wie die Geschichte selbst. Nicht nur gelingt es Kate Milford sehr gut, eine bekannte Sagengestalt - die des Jack nämlich, bei uns in Deutschland besser bekannt als Hans - in den Roman mit einzubringen und, obwohl sie selbst wenig Spielzeit hat, zu einer sehr zentralen Figur zu machen; sie versteht es auch mit Leichtigkeit, aus dem früheren Brooklyn einen düsteren, aber auch faszinierenden Ort zu entwickeln. Denn in die Normalität hält das Böse Einzug und es ist auf dem Vormarsch. Ehe Sam und seine Freunde begreifen, was vor sich geht, ist es schon fast zu spät. Von der Stelle an, an der die Charaktere verstehen, was alles auf dem Spiel steht, wird das gesamte Buch sehr spannend und fesselnd. Zugegebenermaßen muss man davor aber erst einmal ein wenig durchhalten, denn der Beginn ist doch an der ein oder anderen Stelle etwas langatmig.

Hinzu kommt, dass hier sehr viele Ideen eingeflossen sind, Ideen, die ich zum Teil persönlich recht kompliziert fand. Die Kartenspiele, die Sam ausführt, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, fand ich als Laie sehr schwierig nachzuvollziehen, und insbesondere eines zum Ende hin habe ich trotz zweimaligem Lesen noch immer nicht komplett verstanden. An diesen Stellen wären manchmal noch bessere Erklärungen wünschenswert gewesen. Dennoch überzeugt besonders das spannungsgeladene Finale, in dem beide Seiten aufeinander treffen und wieder einmal Jins eindrucksvolle Künste in Sachen Feuerwerk deutlich werden. So ist der Schluss glaubwürdig gestaltet und sehr zufriedenstellend - und ich zumindest werde die Autorin im Hinterkopf behalten.

FAZIT:
Kate Milfords "Broken Lands" startet etwas zu langsam und reißt nicht von Anfang an komplett mit, steigert sich dann jedoch zu einem phantastischen und originellen Kampf zwischen Gut und Böse. Ein paar Erklärungen für das Verständnis waren mir an der ein oder anderen Stelle etwas unzureichend, insgesamt bin ich jedoch gut unterhalten worden. Ich vergebe verdiente 3,5 Punkte, hier aufgerundet auf 4, und spreche eine Empfehlung aus!