Nach kurzer Zeit spielte es keine Rolle mehr, dass hier nicht Larsson schreibt
Bewertet mit 5 Sternen
Das Negative zuerst: Der letzte Satz des Buches ist Grütze. Entweder das oder ich bin mit meinem kleinen durchschnittlichen Gehirn nicht in der Lage zu erkennen, warum ein so klischeehafter Abschluss-Satz notwendig war.
Nun das Positive: Dieser eine Satz war so ziemlich das Einzige, was mich gestört hat an dem Roman. Ansonsten hat er meine Erwartungen weit übertroffen.
Ich hatte Bedenken, dass es ein zu großer Bruch sein könnte, wenn plötzlich ein anderer Autor das Vermächtnis des großen Stieg Larsson antastet und seine Reihe weiterschreibt. Aber erstaunlicherweise hatte ich spätestens nach dem ersten Drittel komplett vergessen, dass hier ein anderer Schriftsteller am Werk ist. Es fiel nicht mehr auf und es war nicht mehr wichtig. Klar, diese ganz besondere Stimmung, die immer zwischen Lisbeth und Mikael geherrscht hatte, bekam in diesem Buch wenig Raum. Aber das kreide ich nicht dem Autor an, sondern eher der Story - denn die ließ das einfach kaum zu.
Ganz im Gegenteil - ich finde die Leistung von Lagercrantz beachtlich, denn es muss einem erstmal gelingen, dass zwei Personen und ihre Verbundenheit einen ganzen 600-Seiten-Thriller tragen, obwohl sie (Achtung, Spoiler - bitte überlesen, wer das Buch noch nicht kennt!) die ganze Zeit nicht aufeinandertreffen.
Zwischendurch wird aber vom Leser viel Aufmerksamkeit verlangt, denn sonst verheddert man sich sozusagen im "Spiders Web". Wer wem warum welche Technologien klaut, streitig macht oder sabotiert und welcher Geheimdienst sich gerade mit welcher anderen Organisation oder Firma im Clinch befindet, das ist mitunter schwer nachzuvollziehen. Zumindest für Leute, die nicht die Hackerqualitäten und das fotografische Gedächtnis von Lisbeth besitzen. Da muss man schon die grauen Zellen ganz ordentlich aktivieren. Aber es lohnt sich.
Ich habe - trotz meiner oben geschilderten Bedenken - im Stillen immer auf eine Fortsetzung der sensationellen Trilogie von Larsson gewartet und nun, da sie endlich da ist, bin ich froh, dass sie genau so ist, wie sie ist. Ich denke, Larsson selbst hätte kaum was zu meckern gehabt. Gut gemacht, David Lagercrantz! Wann kann ich mit Teil 5 rechnen? :-)