Rezension

Nachhilfe in Geschichte der Philosophie

Identität - Francis Fukuyama

Identität
von Francis Fukuyama

Bewertet mit 4 Sternen

Kurzmeinung: Identitätsbewegungen zersplittern die Demokratie - wenn man sie läßt.

Der Autor schreibt über „Tymos, Anerkennung, Würde, Identität, Einwanderung, Nationalismus, Religion und Kultur“, wie er selbst sagt. Um diese Begriffe zu erklären und zu definieren, holt er weit aus. Gefühlt fängt Fukuyama bei den Dinosauriern an oder bei der Entstehung von Leben. Faktisch begegnen wir unter anderem Platon, Sokrates, Rousseau, Freud, Hegel, Kant, Nietzsche; seltsam, dass Aristoteles fehlt. Aristoteles wird doch immer bemüht ;-).

So gleicht das Buch einem Kompendium für Philosophiestudenten.

Wenn Fukuyama dann endlich, nach einem Viertel des Buches, in der Neuzeit anlangt, steigt mein Interesse.

Zunehmende Identitätspolitik sei die Gefährdung der Demokratie heute. Was ist das? Vereinfacht ausgedrückt: Die Zuspitzung des Politkmachens für immer engere (kleinere) Gruppen.

Es fehle an einer nationalen Identität, also einem übergreifenden Gemeinschaftsgefühl aller. Doppelte Staatsbürgerschaften seien auf lange Sicht nicht hilfreich bei der Assimiliation von Einwanderern. [Anmerkung: Es wollen sich nicht alle Gruppen von Einwanderern assimilieren, ganz im Gegenteil – ihre Sprecher sind bestrebt, sie genau davor zu warnen. Und das ist das Problem]. Dies ist nur ein winziger Ausschnitt aus Fukuyamas Vortrag. Schließlich soll der geneigte Leser das Buch selber lesen und es nicht vom Rezensenten vorgekaut bekommen.

Fukuyama schreibt flüssig, obwohl er ebenso wie seine Kollegen Nominalgruppen bevorzugt, sind seine Sätze kürzer und deshalb auch lesbar.

Besonders interessant fand ich die Überlegungen darüber, ob der Radikalismus heutzutage islamisiert ist oder ob der Islam radikalisiert. Die wachsende Entfremdung in der Moderne treibe den Menschen zurück auf die Religion. Das ist ja nichts Neues!

Fazit: Fukuyamas Ausführungen sind teilweise interessant für mich gewesen, dürften aber nicht von einem großen Teil der nicht akademischen Leserschaft zur Kenntnis genommen werden. Dazu sind sie dann doch zu theoretisch und wollen zudem einen, eventuell versäumten, Geschichtsunterricht nachholen.

Kategorie: Sachbuch: Politik und Philosophie
Verlag. Hoffmann und Campe, 2019