Rezension

Naja...

Zwischen uns nur ein Wort -

Zwischen uns nur ein Wort
von Renee Carlino

Bewertet mit 2.5 Sternen

Ich falle gleich mit der Tür ins Haus: Leider konnte mich dieser Roman, erschienen im Juni 2021 bei Lübbe Belletristik, nicht überzeugen. Für mich war es das erste Buch von Renée Carlino und angetan vom wunderschönen, in zarten Lilatönen gehaltenen Cover, auf dem im Hintergrund die Skyline von New York City zu erkennen ist, sowie vom vielversprechenden Klappentext, erhoffte ich mir eine tiefgründige, süße Romanze und war äußerst gespannt auf die Story.

Mia, die gerade ihren Vater verloren hat, und der Musiker Will lernen sich während eines Fluges nach New York kennen. Aufgrund ihrer gemeinsamen Begeisterung für Musik bauen sie schnell eine Bindung zueinander auf und als sie sich knapp einen Monat später wiedersehen, dauert es nicht lange, bis Will bei Mia einziehen darf. Die Regeln sind klar: Nur Freundschaft. Immerhin möchte Mia sich "nicht auf eine Beziehung mit einem fast dreißigjährigen Musiker einlassen, der am Hungertuch nagt" (S. 67). …was durch die gegenseitige Anziehungskraft allerdings erschwert wird.

Der Prolog hat mir aufgrund des überraschend poetischen, nachdenklich machenden Schreibstils noch enorm gut gefallen. Er wird, ebenso wie der Epilog, aus der Sicht einer Frau namens Lauren erzählt, die eine Zufallsbekanntschaft der weiblichen Hauptprotagonistin (Mia) ist, was ich – insbesondere auf den Übergang von Prolog zum ersten Kapitel – einen sehr kreativen Einstieg in die Handlung finde. Die restlichen Kapitel werden im Präteritum der Ich-Form aus Mias Perspektive erzählt; lediglich in zwei Bonuskapiteln am Ende des Werkes erhält man einen Einblick in die Gedanken und Gefühle der männlichen Hauptfigur (Will).

Aus Laurens Perspektive wirkt Mia recht sympathisch. Leider änderte sich dieser Eindruck bereits im ersten Kapitel, in welchem Mia mir unnahbar und als Protagonistin nicht greifbar erschien. Eigentlich sollte doch gerade der Beginn einer Geschichte die Leser/innen dermaßen fesseln, dass sie unbedingt weiterlesen möchten – für mich gehört dafür zwingend dazu, dass die Hauptcharaktere mir sympathisch sind. Als ich mich nach Beendigung des ersten Kapitels schon zum Weiterlesen aufraffen musste, hoffte ich noch, dass Mias Ankunft in New York dem Ganzen mehr Schwung verleihen und mehr positive Charaktereigenschaften aus ihr herauskitzeln würde. Jedoch wurde ich im Laufe des gesamten Romans überhaupt nicht warm mit ihr und empfand sie überwiegend als anstrengend. Sie verhält sich häufig egoistisch und - laut ihren eigenen Gedanken - wie ein "launischer Teenager" (S. 218), wobei sie Will oftmals "falsche Hoffnungen" macht (S. 242) oder ihn "ohne triftigen Grund verletzt" (S. 65) bzw. vor den Kopf stößt.

"Ich wusste selbst nicht, warum ich so schroff war; er hatte eigentlich keine Grenze überschritten […]". (S. 219)

Will wird als lockerer Lebemensch dargestellt, der das Herz am rechten Fleck hat und in Bezug auf Mias Sperenzchen eine Engelsgeduld beweist. Größtenteils konnte ich nicht nachvollziehen, warum er sich das antut. Regelmäßig hatte ich einfach nur Mitleid mit ihm. Dass er Mia von Anfang an entweder "Baby" oder "Süße" genannt hat, empfand ich als unangenehm; es hatte etwas Übertriebenes, Aufgesetztes, was im Grunde gar nicht zu seinem Charakter passte.

Die Annäherung zwischen den beiden Protagonisten erreichte mich nicht. Das Prickeln fehlte, wobei dies nicht zwingend an den betreffenden Szenen, sondern eher am Schreibstil lag. Die Dialoge erschienen mir oft hölzern und unauthentisch (und enthielten z.B. Wörter, die umgangssprachlich eher selten verwendet werden, wie 'Komposita'), und über allem lag eine unterschwellige Schwermut, die im direkten Kontrast zum Leichtigkeit verströmenden Cover stand. Die fehlende emotionale Tiefe konnte auch nicht durch die (in meinen Augen unnötigerweise) eingeflochtenen dramatischen Elemente ausgeglichen werden (Stichwort: Jennys Schicksalsschlag sowie Jackson), vielmehr machten mir diese die Distanz zu den Figuren noch offensichtlicher bewusst.

Fazit: Leider kann ich nicht mehr als 2 ½ Sterne vergeben (für das Cover, die Grundidee und z.T. die Nebenfiguren).