Rezension

Nominalstil, die Mutter aller Ursünden

Der Krieg der Kriege - Johannes Burkhardt

Der Krieg der Kriege
von Johannes Burkhardt

Bewertet mit 2 Sternen

Dieses Sachbuch hat mich leider ziemlich enttäuscht. Es hat (angeblich) nur 296 Seiten, aber mir kamen es vor wie 1000. Nach cirka 200 Seiten, habe ich aufgegeben und las nur noch quer.

Hätte dieser Krieg, der 30 Jahre wütete, mit Unterbrechungen hier und da und diversen Sonderfriedensschlüssen, nicht ganz verhindert werden können? Das ist die Aufgabenstellung, unter der Johannes Burkhardt sein Buch über diesen Krieg der Kriege präsentiert. Die Antwort: Ja. Ja. Und Ja. Wie alle Kriege!

Doch die Diplomatie. Und die Eitelkeiten. Und die Kämpfe und Rangeleien und Intrigen um Kompetenzen und Macht. Und die Gleichgültigkeit gegenüber den Massen. Das Volk ist nur dazu da, um es finanziell bis aufs Blut auszupressen und als Kanonenfutter geeignet. Das muss auch heute noch empören, da sich diese Einschätzung der Staatenlenker meines Erachtens nicht wesentlich geändert hat.

„Die aber unten sind, werden unten gehalten, damit die, die oben sind, oben bleiben. Und der Oberen Niedrigkeit ist ohne Maß. Und auch wenn sie besser werden, so hülfe es doch nichts, denn ohnegleichen ist das System, das sie gemacht haben: Ausbeutung und Unordnung. Tierisch und also unverständlich". (aus: Die heilige Johanna der Schlachthöfe.).

Besonders interessant für mich, war, wie der Kriegsmilitär und Kriegsheld Albrecht Wallenstein sich nach einiger Zeit veränderte und sogar erfolgversprechende Friedensverhandlungen führte. Wie Bismack, führt der Autor aus. Und wie der Prinz von Savoyen. Erst Kriegsherren, dann Befürworter für den Frieden. Aus egoistischer Motivation. Aber dennoch. Kriegsmüde. Und dann leider ermordet, in seinem Bette, heimtückisch und hinterrücks, der Herr Wallenstein, bevor er mit seinen Verhandlungen zum Zuge kommen konnte. Von seinen eigenen Verbündeten!

Letztendlich, schreibt Burkhardt, kann Frieden nur hergestellt werden, wenn man die wahren Kriegsgründe auf den Tisch legt und sich nicht länger hinter vorgegebenen Motiven versteckt. Ein wahres Wort!

Obwohl ich mich brennend für das Thema interessiere, schon deshalb, weil ich wenig über diesen großen und grausigen Krieg weiß, habe ich nach zwei Dritteln des Buches frustriert das Handtuch geschmissen.

Nicht nur ist der Aufbau und die Konzeption dieses Sachbuchs für meine Begriffe nicht klar und eindeutig genug, die Schreibweise verleitet einem jegliche Lesefreude.

„Der Nominalstil ist die Mutter aller Ursünden“, schreibt Dr. Stefan Lang über das Verfassen von wissenschaftlichen Texten. Wobei er diese Art von Stil nicht grundsätzlich ablehnt, doch zuviel ist zuviel. Und Herr Burkhardt frönt diesem Stil ausgiebig. Es gibt wenig Nebensätze. Es gibt kaum eine Art von Nebensatz, (sei es Kausalsatz, Konzessivsatz, Finalsatz Modalsatz, Konditionalsatz, Temporalsatz, Adversativsatz und Konsekutivsatz), der nicht nominalisiert wird. Häufig befinden sich mehrere Nominalisierungen in einem Satz! Das Lesen des Buches ist daher quasi unerträglich.

Ein Beispiel mag die Behauptung illustrieren:

„Erst die Anerkennung der Größe dieser einmaligen ordnungspolitischen Aufgabe kann die Hinnahme eines bis an den Rand des Untergangs geführten Krieges überhaupt erst verständlich machen“. Schreibt der Autor. Trockener geht es kaum. (Und das ist einer der kürzeren Sätze!).

Dieser Satz würde sich so oder ähnlich viel flüssiger lesen:

„Dass die Kriegsparteien es hinnahmen, einen Krieg zu führen, der sie bis an den Rand des Untergangs führte, kann man nur verstehen, wenn man begreift, wie groß und einmalig diese ordnungspolitische Aufgabe gewesen ist.“

In der Causa ist gemeint, dass der Hintergrund dieses Krieges ein politischer Richtungsstreit gewesen ist. Die Fürsten der Länder auf der einen Seite und der Kaiser auf der anderen Seite stritten sich darum, wer das Sagen haben sollte. Steht jeder Einzelstaat souverän für sich ein oder bestimmt ein einziges Oberhaupt über alle. Über diesem Ringen ist der deutsche Föderalismus entstanden.

Leider kann ich jedoch die geisteswissenschaftliche Akribie und Leistung, die in diesem Buche stecken, wegen seines Stils nicht genügend würdigen. Es tut mir sehr leid. Aber die Lesefreude blieb mir sozusagen im Halse stecken.

Fazit: Es ist schwer, ein Sachbuch zu schreddern. Zumal, wenn viel Wissen und Fleiss in seiner Erstellung steckt. Akribie und Sachkenntnis! Doch wenn man nicht lesbar schreibt und beim Schreiben nicht an den Endabnehmer denkt, warum schreibt man dann?

Kategorie: Sachbuch.
Verlag: Klett Cotta, 2018

Kommentare

Steve Kaminski kommentierte am 27. September 2018 um 09:30

Uffz, ich habe es ganz anders gelesen und finde es im Stil o.K. Ein gut lesbares Sachbuch - nicht nur für Historiker. - Es geht ihm vor allem auch darum, "Instrumente" darzustellen, die geeignet sind, Frieden herzustellen: und die leitet er aus dem 30-jährigen Krieg ab.

wandagreen kommentierte am 27. September 2018 um 10:42

Es ist nicht gut lesbar! Nicht mal für Historiker.

Natürlich. Darum geht es ihm. Viel zu hochgestochen für Nichtfachler.