Rezension

"Nur Reisen ist Leben, wie umgekehrt das Leben Reisen ist." (Jean Paul)

Riviera - Der Traum vom Meer - Julia Kröhn

Riviera - Der Traum vom Meer
von Julia Kröhn

Bewertet mit 4 Sternen

1922-1936. Salome hat das Meer noch nie gesehen, für sie ist es ein Märchen, dass bisher nur in ihrer Fantasie existiert. Doch verschlägt es die Tochter eines Reisebürobesitzers, der Ambitionen hat, das Tourismusgeschäft in Italien mit Unterstützung des Hoteliers Renzo Barbera auszubauen, mit ihrer Familie nach San Remo an der italienischen Riviera. Schon bald erwächst nicht nur zwischen den beiden Geschäftspartnern, sondern auch zwischen ihren Töchtern Ornella und Salome eine enge Freundschaft. Als Ornella sich verliebt und Salome ebenfalls Gefallen an Ornellas Auserwähltem findet, wird ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt. Aber auch der immer größere Einfluss der Nationalsozialisten verdunkelt die Reisewelt…

Julia Kröhn hat mit „Riviera-Der Traum vom Meer“ einen sehr unterhaltsamen und gefühlvollen Roman vor historischer Kulisse vorgelegt, der den Leser mit den ersten Zeilen in seinen Bann zieht. Der flüssig-leichte und bildgewaltige Erzählstil lässt den Leser an Salomes Seite gleiten, darf ihr Leben über einen Zeitraum von 14 Jahren verfolgen, mit ihr an die traumhafte Riviera reisen, in Ornella eine Freundin finden und auch die erste Liebe fühlen. Schon die Landschaftsbeschreibungen lassen das Urlaubsgefühl erwachen, wer diesen zauberhaften mondänen italienischen Küstenstreifen kennt, wird sich aufgrund der Beschreibungen erneut darin verlieben, nostalgischen Erinnerungen frönen und die Leichtigkeit sowie die Lebensfreude und Gastfreundschaft der Italiener hervorspüren. Geschickt fädelt die Autorin den historischen Hintergrund in ihre Handlung ein, lässt unterschwellig durch das Erstarken des Faschismus immer mehr bedrohliche Wolken am Horizont entstehen und spiegelt ein deutliches Bild der Bevölkerung wieder, deren Leben durch die politischen Verhältnisse immer mehr beeinflusst und eingeschränkt werden. Aber auch die zwischenmenschlichen Beziehungen sowie die Unterschiede zwischen deutschen und italienischen Familien werden von der Autorin sehr schön beleuchtet, da gibt es u. a. die typischen italienischen Machos ebenso wie den Pantoffelheld, der sich dem Einfluss seiner Mutter nicht entziehen kann. Der Spannungslevel ergibt sich aus der sich langsam verändernden politischen Lage und deren Auswirkungen auf die Protagonisten, aber auch aus der Freundschaft der so unterschiedlichen Frauen.

Die Charaktere sind sehr liebevoll ausstaffiert und mit glaubhaften menschlichen Zügen versehen. Sie versprühen Lebendigkeit und lassen den Leser nahe an sich heran, was die nötige Nähe schafft, um mit ihnen zu fühlen, zu hoffen und zu fiebern. Zu Beginn der Geschichte ist Salome ein 8-jähriges aufgewecktes junges Ding, dass sich mit den Jahren zu einer offenen Frau entwickelt, die ihre Träume hat, aber leider auch die Schattenseiten des Lebens kennenlernt. Ornella ist in ihrem Wesen eher zurückhaltend und scheu. Oma Tilda ist ein Drachen und kalt wie eine Hundeschnauze, die ein eisernes Regiment führt. Artur lässt sich von seiner Mutter unterbuttern, ist unselbständig, wankelmütig und wenig abenteuerlustig. Paola ist für Salome eine Art Mutterersatz, die dem jungen Mädchen viel Liebe und Herzlichkeit entgegenbringt. Aber auch Renzo Barbera oder Felix füllen wichtige Rollen in dieser Geschichte aus.

„Riviera-Der Traum vom Meer“ ist ein wunderschöner Auftakt von Julia Kröhns Riviera-Dilogie, der die Geschichte verheißungsvoll einläutet, Italiens Farben erstrahlen lässt und vor einem historischen Hintergrund die Entwicklung von zwei jungen Frauen in Szene setzt. Die Neugier auf Band 2 ist geweckt. Verdiente Leseempfehlung!