Rezension

Oberflächlich

Die Anderen -

Die Anderen
von Laila Lalami

Bewertet mit 2 Sternen

Nora Guerraoui, eine erfolglose Komponistin, kommt nach dem Unfalltod ihres Vaters zurück in ihren Heimatort am Rande der Mojave Wüste. Das Verhältnis zu ihrer Mutter und ihrer Schwester ist angespannt, die Trauer um den Vater groß und der Zweifel am Unfallhergang riesig, die Fragen drängend. War es nicht doch ein Mord? Nora verdächtig den Nachbarn ihres Vaters Schnellrestaurant, den Besitzer der Bowlingbahn, der in der Vergangenheit immer wieder durch rassistische Bemerkungen auffiel. Zusammen mit ihrem ehemaligen Schulfreund Jeremy, der Polizist geworden ist, begibt sich Nora auf die Suche nach Antworten.
Laila Lalami, wie ihre Protagonistin Nora marokkanischer Herkunft, versucht in ihrem Roman „Die Anderen“, einiges vom alltäglichen Rassismus gegenüber Einwanderern in den USA, den Vorurteilen gegen Muslime nach 9/11, Hass gegenüber Frauen, zu verarbeiten.
Leider arbeitet Lalami ihr Wissen nur sehr oberflächlich in ihre zudem nicht wirklich überzeugende Geschichte ein. Alles an diesem Roman bleibt an der Oberfläche und seltsam unausgegoren. Zudem können weder Stil noch Sprache überzeugen.

Stilistisch baut Lalami diese Familiengeschichte mit tragischen Untertönen als vielstimmiges Panorama auf. In kurzen Abschnitten wird das Geschehen um den Tod von Noras Vater aus der Sicht aller Beteiligten- der Familie, des toten Vaters selbst, eines Unfallzeugen, der Tatverdächtigen, der mit dem Fall betrauten Polizistin und des Jugendfreunds Jeremy- erzählt. Diese Art der Erzählung führt dazu, dass man an keine der Figuren richtig andocken kann. Einzelne Leben werden kurz angerissen, aber so gut wie nie haben diese Inhalte Relevanz oder eine Tiefe, schon gar nicht im Bezug auf den eigentlichen Dreh - und Angelpunkt, den Tod des Vaters.

Fast möchte man genervt aufstöhnen, wenn es zur Liebesgeschichte zwischen Nora und Jeremy kommt, die von Anfang an mehr als plakativ zu erwarten war, und auch die Moral, die aus den einzelnen Figuren spricht, ist für mich fast unerträglich. Da wäre das Hohelied auf die Familie. Alle Familien in diesem Roman sind dysfunktional. Nora und ihre Mutter und Schwester liegen in ewigem Streit, was dazu führt, dass die Frauen allesamt eher unsympathisch wirken, aber am Ende siegt die Familienliebe. Das ist heuchlerisch, hätte doch Lalami die Chance gehabt, komplizierte Familien - Konstellationen psychologisch nachvollziehbar zu machen. Stattdessen gibt es ein Happy End. Auch die so wichtigen Themen „Frauenfeindlichkeit“ und „Rassismus“ werden in klischeehafter Manier beschrieben. Zudem krankt die Sprache an teilweise komplett überholten Beschreibungen: „ Das Neonschild des nahe gelegenen Kinos warf in unregelmäßigen Abständen rotes Licht an die Zimmerdeck.“ Als befänden wir uns in einer Story aus den 1950 er Jahren.

Die einzig interessante Wendung in diesem Roman, auf die ich aus Spoiler - Gründen, hier leider nicht näher eingehen kann, verpufft.

Warum dieses Buch auf der Shortlist des National Book Award 2019 stand, wird mir ein ewiges Rätsel bleiben!

Kommentare

wandagreen kommentierte am 03. November 2021 um 17:11

"hätte doch Lalami die Chance gehabt, komplizierte Familienkonstellationen psychologisch nachvollziehbar zu machen."

Ja, liebe Rezensentin - das muss man erst einmal können! xD.

Ich glaube, Laila Lalami ist keine Autorin, die ich gerne lesen möchte.

Danke für die nachvollziehbare Besprechung!