Rezension

Pater Browns französischer Erbe

Die Madonna von Notre-Dame - Alexis Ragougneau

Die Madonna von Notre-Dame
von Alexis Ragougneau

Bewertet mit 3 Sternen

Die Säulen der Erde ... ich meine, der Geschichte sind schnell erzählt. In der berühmten Kathedrale Notre Dame im Herzen von Paris wird eine junge, tote Frau gefunden, die irgendwer nicht nur erwürgt hat, sondern symbolisch mit Kerzenwachs zu einer Jungfrau machte. Unheimlicher noch an der Sache ist, dass sie tatsächlich Ähnlichkeit mit der heiligen Jungfrau Maria hat und in einem unschuldig weißen Kleid steckt. Außerdem befand sich die Tote inmitten tausender Besucher, also wie konnte der Mord geschehen?
Ein erster Verdächtiger ist schnell gefunden: ein junger, verwirrter Mann, von der Presse schnell "blonder Engel" genannt, der betreffende junge Dame einen Tag zuvor angegriffen hat. Alle Hinweise deuten auf ihn, und bei der Hausdurchsuchung werden mehr als genug Fast-Beweise gefunden. Commandant Landard von der Pariser Polizei ist zufrieden.
Doch Pater Brown ... ich meine, Pater Kern, der die Messe gehalten hat, als man die Tote fand, zweifelt. Irgendetwas ist faul im Staate Dänemark, und im Notre Dame erst recht. Der winzige, von einer unbekannten Krankheit gequälte Geistliche macht sich auf die Suche und dabei bekommt er - ähnlich wie Pater Brown - auch Hilfe von einem Kriminellen. Im Gegensatz zur Polizei macht er sich den alten Spruch "Cherchez la femme" zu Eigen und verfolgt eine andere Spur, die ihn zu einem gänzlich anderem Ergebnis bringt.

Das Büchlein ließ sich dank des prima Schreibstils sehr gut lesen. Dabei hatte ich auf den ersten 40 Seiten sogar großes Vergnügen, da es sehr französisch herüber kam, trotz des ernsten Themas gelegentlich der französische Humor durchblitzte. Ein bisschen Krimi, ein bisschen Willkommen bei den Schtis. Leider verfiel das Ganze dann eher in einen typischen Krimi, der halt statt eines gescheiten Detektivs oder Polizisten einen Pater als Ermittler hat. Sehr routiniert geschrieben, aber nichts Neues unter der Sonne. Dass im letzten Drittel plötzlich Szenen aus der französischen Fremdenlegion geschildert worden, deutete zwar auf den Mörder hin, aber da dieser so bedeckt gehalten wurde, konnte man von selbst nicht auf ihn kommen. Es war mehr ein mühseliges Herumstolpern unseres kleinen, gequälten Paters und sein göttlich interveniertes Glück, das ihm nicht nur ermöglichte, plötzlich Polnisch zu verstehen, sondern auch im letzten Moment gerettet zu werden.

Und ein Kritikpunkt, der allerdings nichts mit dem Autor oder dem Buch an sich zu tun hat, aber nichtsdestotrotz gebracht werden muss: 250 Seiten für 15,-Euro? Ernsthaft jetzt, lieber List-Verlag? Im Gegensatz zu dem, was bei dem großen Versandhaus mit A steht, ist es nämlich nicht gebunden, sondern Klappenbroschur.

Fazit: Pater Brown auf Französisch. Persönlich würde ich allerdings eher das Original empfehlen.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 08. Mai 2014 um 11:08

Liebenswürdig und doch beissend!