Rezension

Porträt einer hochinteressanten Familie

Die Mozarts - Michael Lemster

Die Mozarts
von Michael Lemster

Bewertet mit 4 Sternen

»Diese fünfhundertjährige Geschichte der Mozarts ist reich an Höhepunkten und Krisen, Rätseln und Geheimnissen, komplexen und berührenden Figuren. War Leopold Mozart wirklich nichts als der unnachgiebige Zuchtmeister des kindlich-unbekümmerten Wolfgang? War das »Bäsle« ein Spielzeug oder die große, aber unmögliche Liebe des berühmten Komponisten? Und war Wolfgangs Frau Constanze der Ruin der Familie oder doch die Mutter ihres Nachruhms?«

Bücher über das Leben und Wirken großer Komponisten und Musiker lese ich immer gern und speziell Wolfgang Amadé Mozart war eine faszinierende Persönlichkeit und ein Ausnahmekünstler. Dieses Buch nun wirft einen Blick auf die Familiengeschichte der Mozarts von ihren Anfängen im 15. Jahrhundert bis zum Tod des letzten bekannten Nachkommens im Jahr 1965.

Schnell stellt man beim Lesen fest, dass es neben dem berühmtesten Vertreter der Familie weitere interessante Persönlichkeiten gab. Neben drei Generationen von Musikern finden sich davor und danach alle möglichen Berufe, die ersten Mozarts (damals noch Motzharts) arbeiteten sich regelrecht hoch, von einfachen Bauern über Handwerker bis hin zu Künstlern. Wie machten sie das? Stichworte wären hier: Fleiß, Begabung, die Wahl des „richtigen“ Wohnorts und/oder die Heirat mit den „richtigen“ Personen (die sogenannten günstigen Partien). All diese Dinge verraten eine deutliche Zielstrebigkeit, die man dann auch bei Vater und Sohn, Leopold und Wolfgang Amadé Mozart, beobachten kann.

 

Im Zentrum steht die Kernfamilie rund um den großen Komponisten und Musiker, dies macht auch den überwiegenden Teil des Buchs aus. Fesselnd zu lesen, wie alle auf dem Weg zum Ruhm zusammenarbeiteten! Leopold wird als »wirtschaftlicher Dirigent und Manager« bezeichnet, seine Familie als »Ensemble und Unternehmen«. Persönlich fand ich auch sehr interessant, wie es Mozarts Frau und seinen Kindern nach seinem Tod erging. Dieser Abschnitt hätte für mich gerne umfangreicher sein können.

 

Die Konzertreisen des Mozart-Familienbetriebs nehmen ebenfalls einen ordentlichen Umfang ein. Gleich zu Beginn werden die Reisen auf einer großen Übersichtskarte gezeigt. Am Ende des Buchs findet sich ein Stammbaum der Familie. So etwas mag ich sehr, bei der Betrachtung fielen mir aber kleine Ungenauigkeiten auf. Da wurden etwa einzelne Sterbedaten nicht mit dem bekannten Kreuzzeichen, sondern mit dem Sternchen aufgeführt, das üblicherweise das Geburtsdatum anzeigt.

 

Viel Wichtiges kann man aus den Beziehungen der einzelnen Familienmitglieder zueinander herauslesen, hier wird oft aus Briefen zitiert. Natürlich ist auch Mozarts persönliche Entwicklung Thema, wobei in diesem Buch tatsächlich mehr die Person als die Musik im Vordergrund steht. Die Beschreibungen gehen alle nicht sehr in die Tiefe, an nicht wenigen Stellen hätte ich mir detailliertere Infos gewünscht. Dies hätte aber vermutlich den Rahmen des Buchs gesprengt.

 

Bei den Schilderungen fällt auf, dass so einige aufgeworfene Fragen gar nicht richtig beantwortet werden. Der Autor stellt oft entweder Möglichkeiten vor, wie es gewesen sein könnte, er interpretiert und mutmaßt, oder er stellt schlicht eine Sichtweise vor, die aber von der in anderen Biographien abweichen kann. Er führt dabei Begründungen an, manchmal durchaus logisch, aber als richtige Beweise konnte ich sie nicht immer anerkennen. Sehr interessant fand ich seine Ansichten zu einigen bestehenden Legenden rund um Mozart, wie zum Beispiel die Mordlegende oder das angebliche Armenbegräbnis.

 

Bei einer fünfhundertjährigen Familiengeschichte reist man zwangsläufig durch die Zeit – und das ist hier wirklich gut gelungen. Verschiedene geschichtliche Epochen, beispielsweise der 30jährige Krieg oder die Aufklärung, werden mit Grundinfos beschrieben, die agierenden Personen der Familie sehr lebendig in ihrer jeweiligen Zeit dargestellt. Es gibt also viel Zeitkolorit, was die Lektüre besonders reizvoll macht.

 

Fazit: Das Porträt einer hochinteressanten Familie eingebettet in eine kleine Reise durch die Geschichte.