Rezension

Protagonisten nicht nett beschrieben, aber gerade dadurch realistischer

Dein Ende
von Chris Brookmyre

Bewertet mit 4.5 Sternen

Drei Protagonisten bestimmen beim Thriller "Dein Ende" von Chris Brookmyre den Rhythmus der Kapitel. Dabei ist keiner der Figuren wirklich sympathisch. Auf 461 Seiten werden wir vom Autor ständig auf falsche Fährten geschickt und lernen unterschiedliche Perspektiven und Sichtweisen zu verschiedenen Themen kennen.

Für den Mord an ihrem Ehemann vor Gericht gestellt wird Diana Jäger. Eine herausragende Chirurgin, die von Kindesbeinen an lernen musste was es heißt, sich zu behaupten und wahrgenommen zu werden. Sie ist der Meinung, dass sie als Frau und mit einem Job als Chirurgin nicht genug gewürdigt wird. Ganz im Gegenteil hat sie in einem Blog auf Missstände aufmerksam gemacht, die ihr immer wieder während ihrer Arbeit aufgefallen sind. Lange Zeit konnte sie das anonym beschreiben und gewisse männliche Typen quasi an den Pranger stellen. Das ist schon ganz schön übel, was sie da teilweise ihren Anhängerinnen mitteilte. Bis sie gehackt wurde. Und ihren Job an einer renommierten Klinik verlor. Nun arbeitet sie weit ab von ihrem gewohnten Umfeld und Freunden, konnte neu beginnen, doch ihr Ruf eilte ihr natürlich voraus. Leicht hat sie es nicht, aber sie lässt sich auch in der neuen Klinik von ihrem starken Engagement nicht abbringen. Das stresst natürlich. Dazu tickt ihre biologische Uhr. Da begegnet ihr ...

Peter Elphinstone, ein gut aussehender, witziger, charmanter Kerl, der ihr bei einem Computerproblem im Büro hilft. Die Hormone von Diana flippen aus, ihr Verstand wird kurzerhand weggeschlossen. Sie verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Es ist die klassische Konstellation nur mit umgekehrten Vorzeichen. Kluge, erfolgreiche Frau verliebt sich in einen weitaus jüngeren Mann und heiratet ihn auf die Schnelle. Dass er nicht ganz fehlerlos in den Augen seiner Frau ist, lesen wir bald. Ihr stört das eine oder andere an ihm. Sie fängt bald an, an ihm herumzukritteln, es kommt zu Streitereien. Was uns eben noch gefallen hat an ihm, wird nun merkwürdig. Als Computerspezialist hat er etwas spezielles entwickelt, für das er Geld, sprich Investoren braucht. Alles streng geheim, auch vor Diana. Irgendwann findet sie sich vor Gericht wieder, im Zuschauerraum sitzt ...

Jack Parlabane, ein heruntergekommener Journalist, der gerne investigativ gearbeitet hat und auf falsche Geschichten hereingefallen ist. Er wird von der Schwester des verstorbenen Elphinstone auf Diana angesetzt. Diese ist der Meinung, dass Diana mit dem Tod ihres Bruders zu tun haben muss und erzählt heftige Geschichten. Ist da wirklich etwas dran? Er beginnt zu recherchieren und findet so manch merkwürdiges in der Vergangenheit von Diana. Da Dianas Ehemann an einem kalten Tag, und auch noch an einer nicht gut zugänglichen Stelle, in einen Fluss mit seinem Wagen gerast ist, dauert es ein wenig, bis Polizisten vor Ort sind. Doch seine Leiche bleibt unauffindbar. Parlabane, geschieden von einer Ärztin, die eine glühende Anhängerin von Dianas Blog war, ist ebenfalls ein einsamer Mensch auf der Suche nach einer neuen Partnerschaft. Ob die Schwester von Peter diesen Menschen verkörpert, den er sucht?

Geheimnisse umgeben alle Figuren im Buch und werden nicht wirklich positiv beschrieben. Im Grunde ist es wie im wirklichen Leben, jeder hat seine Macken und Zweifel, hier aber sind sie verstärkt, was natürlich der Geschichte geschuldet ist. Das macht es auf der einen Seite spannend, auf der anderen Seite merkt man aber, dass sich das Mitleid mit den Protagonisten in Grenzen hält. Das Ende ist ein absoluter Knaller, der Spannungsbogen hoch gehalten. Bei jedem Abschnitt überlegt man sich, was kommt denn nun wieder? Was findet Jack heraus? Wie reagiert Diana?

 

Über den Autor gibt es Informationen auf der englischen Seite von Wikipedia unter: https://en.wikipedia.org/wiki/Christopher_Brookmyre und auf der Seite des Verlages rowohlt.