Rezension

Realistisch und spannend

Abschiedskonzert - Kristina Herzog

Abschiedskonzert
von Kristina Herzog

Bewertet mit 5 Sternen

„...Er würde sich das Kennzeichen merken. Man sah sich schließlich immer zweimal im Leben...“

Ein Schrei der Reinigungskraft erschüttert das Konzerthaus in Berlin. Sie findet im Foyer den Kopf des Dirigenten Kolja Fechner.

Ein schwarzer BMW zwingt Kriminalkommissar Alexander Rosenberg, der mit dem Fahrrad auf den Weg zur Arbeit ist, zum Ausweichen. Alexander stürzt, der BMW hält kurz und fährt dann weiter.

Im Kommissariat trifft Alex auf Kathleen und Lukas. Das Team ist dabei, eine Reihe von Prostituiertenmorden aufzuklären. Da erscheint Michael Varenke, ihr Chef, und beordert Kathleen und Alex als gemeinsames Team ins Konzerthaus.

Die Autorin hat einen abwechslungsreichen und spannenden Berlinkrimi geschrieben. Das Buch lässt sich zügig lesen und hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Gründe dafür sind neben dem eigentlichen Mordfall die Ermittler, die alle ihre Ecken und Kanten haben, und deren Beziehungen sehr diffizil sind.

Alex ist neu im Team. Nach der Untreue seiner Freundin Susi hat er Heidelberg verlassen und sein Referendariat als Jurist abgebrochen. Dadurch entzog er sich auch dem Ehrgeiz seiner Eltern. Momentan denkt er darüber nach, ob er es erneut mit Susi versuchen will.

Kathleen hat die Trennung von ihrem Mann noch nicht verkraftet. Als alleinerziehende Mutter fällt es ihr schwer, Beruf und Privatleben unter einem Hut zu bringen. Hinzu kommt, dass das Verhalten ihres Chefs nicht gerade hilfreich ist. Anstatt sie aufzubauen, lässt er sie spüren, dass er ihr nichts zutraut. Rücksichtnahme auf private Belange kennt er nicht.

Lukas ist sauer, weil er sich übergangen fühlt. Deshalb wirft er den beiden gern Steine in den Weg und seien es nur bissige Kommentare.

Der Kriminalfall entwickelt schnell ein Eigenleben. Fechner hatte nicht nur ein bewegtes Privatleben. Er war auch in dubiose Geldgeschäfte verstrickt. Entsprechend zahlreich sind mögliche Täter und ihre Motive.

Der Schriftstil ist dem Genre angemessen und über weite Teile sachlich. Besonderen Wert legt die Autorin darauf, durch gekonnte Dialoge und kurze Episoden aufzuzeigen, wie Kathleen und Alex langsam zu einem Team zusammenwachsen. Dazu nutzt sie vor allem die Stärken der Protagonisten. Da beide aus unterschiedlichen Verhältnissen kommen, fällt Alex die Kommunikation und der Umgang mit den Musikern und ihrer Welt wesentlich leichter. Auch die Emotionen der Protagonisten werden gut herausgearbeitet. Kathleens Gefühl, als Mutter versagt zu haben, und Alex` Zwiespalt, sich auf neue Beziehung einzulassen, sind zwei Beispiele dafür. Obiges Zitat stammt von Alex und bezieht sich auf den Fahrradunfall. Er sollte Recht behalten.

Das Buch lädt zum Mitdenken und Mitraten ein. Da ich als Leser immer genauso viel oder wenig wie die Kriminalisten weiß, gehe ich logischerweise ihre Irrwege mit.

Das rote Cover ist typisch für den Verlag. Geige und blutbeflecktes Tuch passen zur Geschichte.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Alex und Kathleen haben einen unsympathischen Chef, der dringend eine Seminar zum Thema Menschenführung und Motivation brauchen würde, bewiesen, wozu sie in der Lage sind. Aus zwei Einzelkämpfern wurde ein Paar. Überraschende Wendungen haben die Spannung hoch gehalten.