Rezension

Schatzsuche nach den letzten Bäumen auf Erden

Der eiserne Wald - Chris Howard

Der eiserne Wald
von Chris Howard

Ein Endzeitroman mit dystopischen Elementen und ökologischen Themen - der Autor hat Abschlüsse in Waldökologie und Umweltwissenschaften, und das merkt man auch! Er selber nennt das Ergebnis "Biopunk", was inzwischen in der amerikanischen Literatur anscheinend ein neues Genre ist. Originell ist das auf jeden Fall, und zum Nachdenken regt es auch immer wieder an - wenn es auch gelegentlich schwer zu verdauen ist.

Es gibt keine Tiere mehr (bis auf fleischfressende Heuschrecken), keine Pflanzen, keine Hoffnung auf eine bessere Zukunft... Die Welt ist staubig und leer, bis auf die wenigen menschlichen Überlebenden, die sich gegenseitig misstrauisch beäugen und auch vor Gewalt nicht zurückschrecken, um einen weiteren Tag zu überstehen.

Die Idee der Baum-Meister (Tree Builder) fand ich sehr interessant, und ich könnte mir vorstellen, dass dieser Beruf tatsächlich sehr gefragt sein könnte bei den Reichen der Zukunft. In dieser grauen, hässlichen, staubigen Welt gibt es wenig Schönes, und ich denke, Schönheit ist ein menschliches Grundbedürfnis - und gleichzeitig ein Luxus, den sich nicht jeder leisten kann.

Das dystopische Element liegt in der Firma Gentech, die buchstäblich das Leben aller Menschen in der Hand hält - nur Gentech kann Nahrung anbauen (einen gentechnich modifizierten Super-Mais) und für frisches Wasser sorgen. Gentech nutzt seine Position hemmungslos aus, um Menschen, die ohnehin fast nichts mehr besitzen, auch noch dieses Wenige aus der Tasche zu ziehen. Sie haben die absolute Macht, und Macht korrumpiert bekanntlich.

Manchmal ist diese trostlose, traurige, scheinbar hoffnungslose Geschichte schwer zu lesen und man wünscht sich wenigstens ab und an eine positive Szene, bei der man durchatmen kann. Das drückt den Spaß am Lesen etwas herunter - denn immer, wenn man denkt, schlimmer geht es nicht mehr, beweist einem der Autor, dass es doch noch schlimmer geht! Er ist gnadenlos gegenüber seinen Charaktern und man sollte sich nie darauf verlassen, dass Hauptfiguren nicht sterben oder übelst verletzt und verstümmelt werden.

Apropos Charaktere: der Protagonist, Banyan, ist sympathisch und schlägt sich tapfer in einer gnadenlosen Welt durch. Er ist kein strahlender Held - oft hat er Angst, weiß nicht, was er tun soll, zögert und hadert... In den ersten zwei Dritteln des Buches sind es mehr als einmal seine Weggefährten, die die Handlung vorantreiben, während Banyan sich nur mitreißen lässt. Aber im Gegensatz zu vielen Menschen hat er sich einen guten, moralischen Kern bewahrt - auch wenn er Menschen oft weder retten noch ihnen helfen kann, versucht er es doch wenigstens.
Es dauert relativ lange, bis Banyan an den Ereignissen wächst und begreift, dass er sich nicht nur treiben lassen kann, aber dann wird er doch noch entschlossener und tatkräftiger. Ich fand diese Entwicklung ziemlich realistisch, und ich hoffe, dass Banyan sich in den nächsten Bänden weiter zu einem komplexeren Charakter entwickeln wird. Die anderen Charaktere sind überwiegend sehr interessant - und oft moralisch eher zwiespältig, denn sie sind das Produkt ihrer grausamen Welt und meist damit aufgewachsen, dass das eigene Überleben jedes Mittel rechtfertigt.

Es gibt eine Liebesgeschichte, bei der ich fast zögere, das Wort zu benutzen. Für Liebe ist in diesem Buch eigentlich kein Platz und keine Zeit, und dementsprechend gibt es auch keinen Kitsch. Nur zwei Menschen, die das Schicksal zusammengebracht hat und die versuchen, sich etwas menschliche Wärme zu stehlen.
Das Tempo ist manchmal so schnell, dass jeglicher Tiefgang verloren geht (den das Buch doch eigentlich bietet), weil einfach keine Zeit für Erklärungen und detailliertere Beschreibungen der Geschehnisse bleibt. Einerseits hat der Leser so gar keine andere Wahl, als von der Spannung mitgerissen zu werden - andererseits ist es in diesen Szenen eine leere Spannung, die einen emotional kalt lässt.
Gegen Ende des Buches schrauben sich Gewalt und blutige Szenen auf einmal stark in die Höhe. Abgesehen davon würde ich "Der eiserne Wald" eigentlich für Jugendliche gut geeignet finden... Aber ein Buch, in dem Körperteile abgerissen und Menschen bei lebendigem Leib von Heuschrecken aufgefressen werden, würde ich persönlich nicht für unter 16 empfehlen.

Der Schreibstil ist eher einfach, hat mir aber dennoch gut gefallen. Schließlich wird uns die Geschichte von Banyan erzählt, der keine Schulbildung hat und sicher auch wenig Erfahrung im Erzählen.

Der Autor zeigt uns eine hässliche, trostlose Zukunft und Protagonisten, die oft nicht den Luxus haben, gute Menschen zu sein. Aber das Buch enthält auch viele ökologische Botschaften und einen intellektuellen Tiefgang, der nur in den spannendsten, rasantesten Szenen manchmal kläglich verloren geht. Das ist nicht einfach zu lesen, und man muss schon Interesse an solchen Themen mitbringen. Ich würde dringend empfehlen, erstmal die Leseprobe zu lesen