Rezension

Scheitert an der Umsetzung

Vorleben - Georg M. Oswald

Vorleben
von Georg M. Oswald

Bewertet mit 2.5 Sternen

Journalistin Sophia hat einen großen und vor allem gut bezahlten Auftrag an Land gezogen: Sie soll für das neue Programmheft des staatlichen Symphonieorchesters München die Textbeiträge schreiben. Gleich am ersten Tag trifft sie dafür auf Daniel, den Star-Cellisten des Orchesters. Fast sofort stürzen sich beide in eine leidenschaftliche Beziehung, für die Sophia von Berlin nach München in Daniels Wohnung übersiedelt.

Sophia ist durchgehend von Selbstzweifeln geplagt. Ihre Karriere ist auf dem absteigenden Ast. Das Romanprojekt in das Daniel sie reinquatscht will nicht vorangehen. Und generell: Was will so ein erfolgreicher Mann überhaupt von ihr? Mich hat das sehr genervt. Sophia wirkt wie eine Mitte 20-Jährige, stilecht mit WG-Zimmer in Berlin (das natürlich für Daniels sündhaft teure Münchner Luxuswohnung mit Dachterrasse aufgegeben wird) und ohne Plan, wie ihr berufliches Leben weitergehen soll. Ein simpler Brotjob darf es nicht sein, schließlich muss man mit dem berühmten Partner zumindest halbwegs mithalten. Allerdings ist Sophia 38 und mit einer solchen erwachsenen, gutaussehenden Frau wollen diese Zweifel irgendwie nicht recht zusammen passen.

Wie schon der Klappentext verrät, gerät Sophia schließlich durch Zufall an Informationen aus Daniels Vergangenheit, die sie an seiner Ehrlichkeit zweifeln lassen und sie beginnt zu recherchieren. Das lässt sich gut an, wird aber leider immer wieder von Zeitsprüngen und Selbstzweifeln unterbrochen.

Der Roman liest sich durchaus schnell weg und hat auch seine spannenden Seiten. Aber leider irritiert die Erzählperspektive etwas. Lese ich gerade einen Rückblick oder lese ich etwas, das Sophia für ihren Roman geschrieben und somit eventuell verändert und interpretiert hat? Lese ich einen Rückblick oder lese ich subjektive Tagebucheinträge? Lese ich Max' Aufzeichnungen oder die Interpretation Sophias dieser Aufzeichnungen? Und warum wird beispielsweise ein letztlich irrelevanter Konzertbesuch mit Daniels Tochter seitenlang ausgewalzt?

Ich bin insgesamt eher enttäuscht von diesem Roman. Eine recht vorhersehbare Story mit Personal, zu dem ich keine Nähe aufbauen konnte. Er zu kühl und zu perfekt. Sie zu selbstzweiflerisch und unsicher. Die mysteriöse Figur aus der Vergangenheit einfach durchweg unsympathisch. Dazu ein recht unspektakuläres Ende und ein mitunter verwirrender Erzählstil. Schade, von der Grundidee her hätte dieser Roman-Krimi-Mix gut funktionieren können, scheitert aber in erster Linie an der Umsetzung.