Rezension

Schlaflos

Bruch: In eisigen Nächten -

Bruch: In eisigen Nächten
von Frank Goldammer

Nicole Schauer und Felix Bruch haben genau wie ihre Kollegen ein großes Problem: ihr Chef wurde in seinem Büro im Präsidium erschossen. Da das nur jemand von ihnen gewesen sein kann, übernimmt das BKA. Sie ermitteln stattdessen in einem anderen Fall. Eine 16jährige soll einem 62jährigen in dessen Haus in den Brustkorb geschossen haben. Verwirrend ist, dass die Tatverdächtige dort noch ganz friedlich auf der Couch sitzt und ihre Unschuld beteuert, und dass Bruch sie seit 4 Jahren kennt. Damals soll ihre Mutter ihren Vater nachts mit einem Hammer erschlagen haben, während das Mädchen daneben stand. Obwohl Mutter und Tochter deren Unschuld beteuerten, wurde die Mutter verurteilt. Weil Bruch damals involviert war, werden Schauer und er vom Dienst suspendiert. Das hält Nicole aber nicht davon ab, auf eigene Faust zu ermitteln, zumal eine Journalistin ihr immer neue Informationen zu dem alten Fall zuspielt und ihre Untersuchungen anheizt. Auch Bruch kommt nicht zur Ruhe. Er sucht ziel- und rastlos nach seiner Vergangenheit, die er tief in sich vergraben hatte. Ihm wurde eine Kiste mit Andenken zugespielt, die manchmal ganz kurz winzige Erinnerungen aufblitzen lassen. „Als die Kiste kam, war es, als hätte mir jemand ein Gift gespritzt, dass mich langsam aber sicher umbringen wird. Mir wurde klar, dass das Leben, das ich bis dahin führte, nicht echt war.“ (S. 23)

 

Schauer und Bruch haben sich inzwischen aneinander gewöhnt, einfache Charaktere sind ja beide nicht. Nicole kämpft trotz Therapie mit ihrem Gewaltpotential und Felix flüchtet in den Schutz seiner Medikamente. „Die Tabletten halfen ihm, doch sie schalteten alles ab, was ihn menschlich machte, sie machten aus ihm ein kaltes Etwas, umhüllt von einem Kokon, etwas, dass man niemandem zumuten konnte.“ (S. 24)

Die nicht genehmigten Ermittlungen zu dem Mord von vor 4 Jahren und der Verbindung zu ihrem aktuellen Fall bringen sie physisch und psychisch an ihre Grenzen. Bruch versucht zwar wieder, sich aus allem rauszuhalten, aber Nicole zwingt ihn, sie zu unterstützen. Sie nehmen sich noch einmal alle Beteiligten vor und kommen einigen Ungereimtheiten und verschwundenen Beweisen auf die Spur. Also weiten sie ihre Ermittlungen aus und stoßen auf immer neue Verdächtige und Motive – ich hatte da schon längst den Überblick verloren und auch Nicole weiß oft nicht weiter. „Sollten wir nicht kreischend im Kreis rennen oder versuchen, nach Südamerika zu fliehen?“ (S. 229)

 

Genauso düster wie die beiden Ermittler sind auch ihre Fälle. Sie ermitteln in verlassenen Häusern und unter gescheiterten Existenzen, hören Schritte oder im Dunklen Stimmen hinter sich, finden sich plötzlich in lebensbedrohlichen Situationen wieder. Das alles ist sehr beklemmend und angsteinflößend. Ich habe mich beim Lesen extrem gegruselt – und dann endet das Buch auch noch mit einem Paukenschlag! Wie fies kann ein Autor eigentlich sein?! Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt auf die Fortsetzung.

Außerdem will ich unbedingt mehr von Bruchs Vergangenheit wissen, die noch dramatischer und grausamer gewesen zu sein scheint, als bisher befürchtet.

5 Sterne für dieses Lesehighlight, dass mir wieder mal den Schlaf geraubt hat.