Rezension

schöner historischer Krimi

Der Mädchenreigen - Susanne Gantert

Der Mädchenreigen
von Susanne Gantert

Bewertet mit 4 Sternen

Susanne Gantert entführt ihre Leser nach Braunschweig und Umgebung im Jahr 1580 während der Herrschaft von Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel. Konrad von Felten erhält von Julius den Auftrag eine Art Kriminalgericht aufzubauen. Bislang wurde Verbrechen ja nur deswegen aufgeklärt, weil man den oder die Verdächtigen eines „peinliche Verhörs“ – sprich der Folter unterzog. Na den möchte ich kennenlernen, der angesichts der Folterinstrumente nicht die abenteuerlichsten Geschichten gestehen würde. Doch zurück zum „Mädchenreigen“.

Inhalt:

Innerhalb weniger Wochen verschwinden junge, hübsche, kaum dem Kindesalter entwachsene Mädchen. Da es sich um Töchter von Bauern handelt, wird das Verschwinden zwar in den Familien beklagt, aber seitens der Behörden nicht weiter verfolgt. 
Als Elise, die Tochter eines reichen Kaufmanns spurlos verschwindet, erhält Konrad den Auftrag, das Mädchen zu suchen. Bei seinen Recherchen stößt er auf die anderen Vermisstenfälle und forscht weiter.
Nichts ahnend, dass es hier um mehr geht, als um verschwundene Mädchen, stellt er Fragen um Fragen. Doch dann wird er Fall sehr persönlich. Seine Tante Barbara gerät in die Fänge der skrupellosen Entführer.
Wird Konrad die Verbrechen aufklären und sowohl Tante als auch die Mädchen retten können?

Schreibstil/Spannung/Charaktere:

Susanne Gantert hat einen schönen opulenten Schreibstil, der fast immer der Zeit gut angepasst ist. Nur manchmal, kommt die fortschrittliche Erzählerin durch. Da schleichen sich viel zu moderne Wörter ein. Z.B. „Vergewaltigung“ (statt „Schändung“), „Ordner“ (statt „Mappe“ oder „Aktendeckel“), „Schulung“ (statt „Übung“, „Lektion“ oder „Instruktion“). Das ist natürlich Meckern auf allerhöchsten Niveau, doch ist es mir hier genauso aufgefallen wie im „Fürstenlied“.

Die Spannung ist recht hoch, wird aber im Kapitel 22 durch den Zwist im Rat unterbrochen. Was hat der Plan, die Oker und Aller umzuleiten, mit den entführten Mädchen zu tun? Diese so quasi als Nebenschauplatz eingeführte Diskussion, ist ja eigentlich gar nicht so vernachlässigbar. Da hätte ich mir mehr Information gewünscht oder vielleicht diese Sequenz an anderen Stelle. Die Rückmeldungen aus der Leserunde zeigen deutlich, dass hier der Sinn dieses Abschnittes nicht zur Gänze erfasst werden konnte.

In dieser Geschichte empfinde ich nicht Konrad als Hauptperson, sondern seine Tante Barbara und das Mädchen Laura.
Gut gezeichnet sind wieder die Widerlinge. Zu Heinrich Julius, dem Thronfolger, musste die Autorin nicht allzu viel dazu erfinden. Seine Biographie zeugt von einem ambivalenten Kerl, der sich viel herausnimmt. Hier, im „Mädchenreigen“ ist er erst fünfzehn und versucht (vergeblich) seinen Vater zu beeindrucken. Er meint es vielfach gut. Doch wie wir wissen ist „gut gemeint“ das Gegenteil von „gut“.
Ein bisschen mehr hätte ich mir zum Thema „Aufbau eines Kriminalgerichtes“ noch gewünscht. Das ist ja Konrads eigentliche Aufgabe. Aber, wer weiß, vielleicht erfahren wir dazu mehr in Band drei und/oder vier.
Eine Skizze oder eine historische Karte wäre genauso ein Sahnehäubchen wie ein gedruckter Stammbaum derer von Braunschweig-Wolfenbüttel. Ja, klar die Interessierten finden solche Ergänzungen selbst, aber nett wär’s schon …

Fazit:
Ein gut recherchierte historischer Roman, der einen in diese Zeit versinken lässt.