Rezension

Schreibblockade auf Borkum

Inselsommer - Heike Fröhling

Inselsommer
von Heike Fröhling

Bewertet mit 3.5 Sternen

Karin Brahms, eine Journalistin, will endlich ihren seit Jahren aufgeschobenen Traum verwirklichen: einen eigenen Roman schreiben. Mit ihrem verwitweten Vater und den beiden Söhnen Leon und Jonas fährt sie in den Sommerferien nach Borkum. Sie möchte Sonne und Strand genießen und endlich das Buch in Angriff nehmen, doch jedes Mal, wenn sie mit dem Roman beginnen will, kommt etwas dazwischen. Zuerst ist ihre Handtasche verschwunden – dann ihr Sohn. Ihre Wege führen sie immer wieder auf die Polizeistation, und da sitzt der Kriminalhauptkommissar Andreas Wegner, ein ziemlich attraktiver Mann. Doch Männer, so hat Karin sich geschworen, werden in ihrem Leben keinen Platz mehr haben. (Klappentext)

Erwartet hatte ich nach diesem Klappentext einen klassischen Liebesroman. Überraschenderweise stellte sich für mich die eigentliche Liebesgeschichte zwischen Karin und Andreas als eher nebensächlich heraus. Was aber keineswegs negativ zu bewerten ist!

In diesem Inselsommer geht es um viel mehr, als um einen Urlaubsflirt. Es geht um eine Frau, die gefangen ist in einem selbstgefertigten Netz aus viel zu hohen Erwartungen an sich und ihre Mitmenschen. Eine Frau, die sich nichts zutraut und anderen ebenfalls nicht.

Schon auf der Hinfahrt sind die Konflikte vorprogrammiert. Ein harmonischer und erholsamer Strandurlaub soll es sein, gemeinsam mit zwei halbwüchsigen Jungen, von denen der eine eigentlich schon aus dem Alter des gemeinsamen Verreisens raus ist und lieber mit einer Jugendgruppe unterwegs wäre und dem Vater, der eine völlig andere Lebensauffassung vertritt. Und parallel dazu will sie noch ihren Roman schreiben – ein Unternehmen, für das im Alltag nie Zeit blieb. Unschwer zu erahnen, dass in kurzer Zeit gewaltige Frustration eintritt. Zumal Karin mit einer Schreibblockade zu kämpfen hat, da sie auch hier viel zu viel von sich erwartet…

Ich muss gestehen, dass ich mich ein paar Mal ziemlich über die Protagonistin geärgert habe. Die Probleme, die sich im Zusammenleben mit Kindern und (alten) Eltern ergeben können, sind mir schon vertraut. Bei einigen Aktionen von ihr war ich fassungslos und dachte: Wie kann sie nur? Und wann fängt sie endlich an, sich der Realität zu stellen? Aber ein solches Gefühlschaos wie das, in dem Karin steckt, lässt sich nicht so leicht überwinden.

Sehr amüsant und für mich die absolute Lieblingsfigur: Der Vater. Früher war er Hippie, Friedensaktivist, Atomkraftgegner und noch immer ist er alles, nur nicht konventionell. Herrlich. Und ein wunderbarer Kontrast zu seiner gegen ihn völlig spießigen Tochter.

Alles in allem also eine durchaus anspruchsvolle Thematik, die sich in diesem Liebesroman versteckt. Ich finde nur, sie hätte mehr Umfang gebraucht, um sie eingehender zu behandeln. 234 Seiten in Großdruck sind da einfach etwas zu wenig.