Rezension

Schwieriges Thema absolut lebensecht dargestellt ohne kitschig zu werden

Hundert kalte Winter - Kristina Moninger

Hundert kalte Winter
von Kristina Moninger

Bewertet mit 5 Sternen

Ich habe im Frühjahr ein Buch von Kristina Moninger gelesen und war ganz begeistert. Also freute ich mich, als ich jetzt ein neues Buch von ihr entdeckte. Doch dann las ich die Kurzbeschreibung...und zögerte. Es geht um einen kleinen Jungen, der stirbt, und wie seine Mutter dann damit umgeht. Ein kleiner Junge so wie ich einen zu Hause habe. Eigentlich mag ich gar nicht lesen, wie die Trauerbewältigung in so einem Fall aussehen mag. Denn ich reagiere in solchen Fällen immer gleich sehr emotional und versetze mich in die Protagonisten rein. Aber dann gab es soo viele positive Rezensionen zu dem Buch, dass ich es doch gewagt habe.

Und das war eine sehr gute Entscheidung! Denn obwohl wir oft hautnah dabei sind, wie Sandra um ihr Kind trauert und ihre Welt zu zerbrechen droht, so erzählt Kristina Moninger nie über-melodramatisch oder rührselig. Und trotzdem absolut realistisch, und mitfühlend. Und zwar nicht nur über Sandra, die Mutter des kleinen Jungen. Sondern auch die Gefühlswelt von Katharina, der Mutter des kranken Mädchens, und vor allem auch die der Geschwister - Leo und Nele - werden äußerst gut dargestellt. Die Geschwister von kranken oder auch gestorbenen Kinder geraten sehr oft in den Hintergrund, werden vergessen. An einer Stelle wird das in einer tollen Metapher sehr gut erklärt: wenn man zwei Kinder hat, und eines davon wird schwer krank so ist das wie auf einem kleinen Floß mitten im stürmischen Meer und man kann nur ein Kind auf das Floß retten. Welches Kind lässt man dann los? Das, von dem man glaubt dass es schon allein schwimmen kann! Und dann merkt man vielleicht oft nicht, wie es dennoch droht zu ertrinken obwohl man schon längst das rettende Ufer erreicht hat (d.h. das kranke Kind wieder genesen ist).

Ich war begeistert von dem Buch, trotz des schweren Themas. Der Schreibstil von Kristina Moninger gefällt mir sehr, und auch die Art wie sie ihre Charaktere so differenziert beschreibt und absolut natürlich darstellt. Und dann sind da noch die vielen Kleinigkeiten, Details mit denen ich mich selbst identifizieren kann: einen Opel Vectra fahren, Jonah ist nach dem kleinen Jungen aus "Schlaflos in Seattle" benannt, Leo findet lauter Spitznamen für Nele aus diversen Büchern (die ich alle gelesen habe).

Zum Abschluss noch mein Lieblingssatz aus dem Buch: "Sie war nicht gut darin, etwas zu sagen, ohne etwas zu sagen zu haben."