Rezension

Sehr lustig, Frau Freitag

Chill mal, Frau Freitag - Frau Freitag

Chill mal, Frau Freitag
von Frau Freitag

Bewertet mit 4 Sternen

Realsatire. Das trifft es. Frau Freitag, Lehrerin an einer Problem-Gesamtschule, erzählt aus ihrem Schulalltag.
Der Leser begleitet sie als Englisch- und Kunstlehrerin und ihre 9. Klasse ungefähr ein Jahr lang in Form kurzer Anekdoten...

Ich fand das Buch einfach herrlich: locker geschrieben und urkomisch.
Frau Freitag beschreibt die Macken ihrer Schüler. Mal mag sie ihre Chaoten, mal ist sie nur noch genervt. Im Lehrerzimmer lechzt sie nach Lob für ihre Klasse, muss sich aber ständig von den anderen Lehrer anhören, was sich ihre Dauerschwänzer und Störenfriede wieder geleistet haben. Sie präsentiert dem Leser kleine Alltagsgeschichten aus ihrem Klassenzimmer, über die Sprache und das Lernverhalten ihrer Schüler, darüber, wie sie sie enttäuschen und überraschen, was für merkwürdige Einschätzungen ihrer Zukunftsperspektiven und ihrer Verdienstmöglichkeiten sie haben und wie sie miteinander umgehen. Dabei pfeift sie auf "political correctness" und schreibt unverblümt die teilweise absurd komische Wahrheit - manchmal sicherlich leicht überspitzt - , die jeden verstehen lässt, was Lehrer solcher Schulen in die Verzweiflung treibt. Besonders die Sprache der Jugendlichen trifft sie genau und es erinnert mich an so manches Busgespräch mit lauter "Altaaa, isch schwör"-Dialogen, das ich morgens als Großstadtbewohner schon des Öfteren mit anhören durfte. Auch von den neusten Schimpfwörter-Trends bleibt der Leser nicht verschont.

Aber nicht nur Frau Freitags Schüler dienen zur Unterhaltung des Lesers. Sich selbst präsentiert sie mit herrlicher Selbstironie und auch ihr Berufsstand kriegt ein bisschen sein Fett weg. Frau Freitag ist eher eine lockere Lehrerin, die ihren Beruf zwar liebt, aber nicht zu ernst nimmt. Die ständige Pflicht "pädagogisch" zu sein, findet sie anstrengend, auch zeigt sie, wie wenig sich pädagogische Ratschläge manchmal für den Alltag eignen und wie sie als Lehrer ihre Stundenplanung immer wieder über den Haufen werfen muss. Frau Freitag testet überhaupt fröhlich drauf los: Mal ist sie "voll nett", dann greift sie hart durch und entdeckt das Vergnügen der Schadenfreude, wenn sie den Spieß mal umdreht und die Schüler unter ihr leiden müssen oder sie sich nach den noch schlimmeren Geschichten ihrer Freundin Frau Krise besser fühlt. Außerdem erkennt sie ihrer eigene Fehlbarkeit an: Ja, Lieblingsschüler kriegen bessere Noten. Frau Freitag ist auch nur ein Mensch...

Leider wiederholen sich die Geschichtchen und Witze teilweise, gerade zum Ende hin. Dafür gibt es einen Punkt Abzug. Ansonsten habe ich mich blendend amüsiert und über die erscheckend ehrliche Real-Komik dieses Buches nur gelacht. Ich kann es mit gutem Gewissen empfehlen - wenn man denn in der Lage ist, alles genau wie Frau Freitag nicht allzu ernst zu nehmen.