Rezension

Serienmord in den Sümpfen von Texas

Die Wälder am Fluss, 5 Audio-CDs
von Joe R. Lansdale

Bewertet mit 5 Sternen

★★★★★

Der 13-jährige Harry Crane lebt in den 1930er Jahren mit seinen Eltern und der Schwester Thomasina, genannt „Tom“ am Sabine River in Texas. Es herrscht die „große Depression“, die Zeiten sind schlecht. So ist Jacob, der Vater der beiden, nicht nur Frisör, sondern auch noch Hilfssheriff. Die Kinder finden beim Spielen in den Sümpfen die verstümmelte Leiche einer Frau und flüchten vor dem „Ziegenmann“, der dort sein Unwesen treibt und nun wohn auch mordet. Niemand will den Kindern glauben und Jacob kommt bei den Ermittlungen nicht weiter, weil die Leiche eine Farbige ist. Noch immer sind die Menschen rassistisch eingestellt und nur weiße Todesopfer eine Nachforschung wert. Doch dann stellt sich heraus, dass die Leiche gar nicht farbig war, sondern vom Sumpf so dunkel wurde, und es noch mehr Opfer gibt. Der kleine Ort gerät in Aufruhr, es kommt zu Lynchjustiz und dennoch gibt es weitere Leichen. Harry und Tom verstehen das nicht und versuchen, die Erwachsenen zu überzeugen, dass es den „Ziegenmann“ wirklich gibt.

 

Joe Lansdale lässt diese Geschichte vom inzwischen 80jährigen Harry rückblickend erzählen. Dabei gibt er ihm seine Jugend zurück und streut nur hin und wieder das Wissen des jetzt alten Harry ein. So bleibt die Spannung durchgehend erhalten und der Plot hat seinen ganz eigenen Reiz. Die Gedanken und Gefühle des Teenagers, der mit der Pubertät und den Morden gleichermaßen kämpft, lassen die Sache tief unter die Haut gehen.

 

Die Zustände dieser Zeit, die heute nicht mehr denkbar sind, werden lebendig. Sie bedrohen den Leser geradezu. Mich hat der Showdown sehr mitgenommen, der tatsächliche Täter mich sehr aus der Bahn geworfen. Ich habe das Entsetzen von Harry sehr gut nachvollziehen können.

 

Die Dramen, die nach und nach aufgedeckt werden, die Zusammenhänge und die Eindrücke, die all dies auf einen 13jährigen Jungen haben müssen, schildert Lansdale sehr gekonnt. Auch dieses (Hör-)Buch hat mich, wie viele anderer seiner Werke, sehr an Mark Twain erinnert. Erstaunlich, wie ein Autor aus der heutigen Zeit die damalige Zeit so lebendig einfangen und darstellen kann. Die Atmosphäre der damaligen Zeit wird durch Lansdale schon greifbar.

 

Die Protagonisten hatte ich beim Hören sofort klar vor Augen. Das Kopfkino lief fast von der ersten Sekunde an. Dazu ein Sprecher, der dem Ganzen eine gelungene Färbung verleiht – mit der genau passenden Modulation. Ich bin komplett gut unterhalten worden und habe es schon sehr bedauert, als das Hörbuch zu Ende war.

 

Vielleicht kann man schon früh auf den Täter kommen – ich wurde jedenfalls erst kurz vor der Auflösung auf ihn aufmerksam und war tief getroffen, wie man sich irren kann. Wie muss es da erst Tom und Harry ergangen sein?

 

Besonders schön fand ich das „Nachwort“ von Harry. Es ist sehr bewegend und ergreifend.

 

Kurz – wieder ein Werk von Lansdale, das mich begeistern konnte und mich darin bestätigt, diesen Autor weiter im Auge zu behalten! Deshalb auch die vollen fünf Sterne.

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