Rezension

Shopping Erlebnisse im frühen 20. Jahrhundert ...

Die Frauen der Familie Marquardt - Nora Elias

Die Frauen der Familie Marquardt
von Nora Elias

Bewertet mit 4.5 Sternen

Nachdem ich die ersten 50 Seiten gelesen hatte, wollte ich schon meinem spontanen Impuls folgen und abbrechen, weil ich die Story als zu banal empfand. Gut, dass ich durchgehalten hab, denn es wurde meiner Meinung nach immer tiefgründiger und sehr schön zu lesen. Die Autorin Nora Elias, die übrigens auch unter den Namen Laila El Omari und Anna Jonas einige interessante Romane geschrieben hat, vermittelt dem Leser einen wunderbaren Einblick in die Kauf- und Warenhauswelt des frühen 20. Jahrhunderts, ein Jahrhundert, in dem einige große Warenhäuser ihre Pforten öffneten. Gute Beispiele, von denen auch einige Erwähnung in diesem Roman finden, sind hier das Textilhaus Hettlage und Leonhardt Tietz, der sich 1879 in Stralsund mit einem kleinen Textilgeschäft selbstständig machte bevor er schließlich die Warenhausidee mit einem Mehrabteilungssystems in einem Haus von den Franzosen abschaute und 1891 eine eigene Filiale in Köln eröffnete. Sehr schön hat die Autorin auch das Thema „Frauen in Führungspositionen“ ausgearbeitet, ein Thema, das uns als Frauen ja leider noch bis ins heutige 21ste Jahrhundert nicht immer positiv begleitet. 

Nebenbei kommt natürlich auch das Liebesleben nicht zu kurz. Hierbei stellt sich heraus, dass die drei Schwestern unterschiedlicher kaum sein können. Da haben wir die starke große Schwester Louisa, die mit der harten Schale und dem verletzlichen Kern. Dicht gefolgt ist sie von ihrer Schwester Sophie, die sich gerne ein wenig zickig gibt und den Männern reihenweise den Kopf verdreht. Und natürlich die jüngste Schwester, die als Ergebnis der Liebe des Vaters zu einer anderen Frau entstand. Vermischt man nun diese Komponenten miteinander und schüttelt einmal kräftig durch, erhält man einen schönen Schmöker, der bestens für lange Winterabende auf der Couch geeignet ist.

Ach, ganz nebenbei bemerkt … wusstet ihr, dass man die Parfümabteilung im Kaufhaus bewusst immer unten am Eingang platzierte und auch noch heute dort platziert, damit der Gestank der Straße – damals fuhren da ja auch noch Pferdekutschen – nicht ins Kaufhaus zog? Eine durchaus clevere Idee! Habe ich neben vielen anderen in diesem Buch gelernt.