Rezension

Sitzen vier Polen im Auto

Sitzen vier Polen im Auto - Alexandra Tobor

Sitzen vier Polen im Auto
von Alexandra Tobor

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:
1986. Durch Zufall entdeckt die kleine Aleksandra, genannt Ola, im Keller einen Quelle-Katalog.
Beim Durchblättern kommt sie aus dem Staunen nicht mehr heraus. Das Land, in dem es diese farbenfrohen und vielfältigen Waren gibt, muss das Paradies sein. Fortan bearbeitet sie ihre Eltern, von ihrer polnischen Heimat „nach BRD“ zu fahren. Nachdem es Olas Onkel Marek, der „rausgefahren“ ist, in der BRD offensichtlich gut geht (immerhin kommt er mit einem Mercedes zu Besuch), wagen die Eltern den Schritt ins Ungewisse.

Meine Meinung:
Das Buch beginnt mit Olas frühen Jahren in Polen. Dieser Teil ist sehr spritzig und humorvoll geschrieben und hat mich total begeistert. Man bekommt einen kleinen Einblick in das Leben dort und die geheimen Sehnsüchte eines Kindes. Man lernt Olas Familie und Freunde kennen und einige polnische Gepflogenheiten. Ein besonderes Highlight ist Oma Greta, eine resolute Persönlichkeit, die sich in der Familie und in der Gesellschaft durchzusetzen weiß.

Leider kommt sie nicht mit nach Deutschland, so dass der mittlere Teil der Geschichte etwas weniger spektakulär ausfällt. Hier wird dem Leser aufgezeigt, mit welchen Schwierigkeiten eine Aussiedlerfamilie in Deutschland zu kämpfen hat. Das geht von Sprachschwierigkeiten und unverständlichen Gebräuchen der Deutschen über Armut bis zur Übergangswohnung. Natürlich ist auch dieser Abschnitt mit einem Augenzwinkern geschrieben, doch blieb mir das Lachen meistens im Hals stecken, da mir die Familie einfach nur leid tat. Nichtsdestotrotz lassen sie sich nicht unterkriegen und bewahren sich vor allem ihre idealistischen Werte. Hier könnte sich mancher Deutsche eine Scheibe abschneiden, was zum Beispiel die Gastfreundschaft und Höflichkeit angeht.

Die Autorin besitzt ein großes Erzähltalent. Sie vermischt hier eigene Erlebnisse mit fiktiver Handlung, herausgekommen ist ein wunderbar warmherziges Buch, das aus der Perspektive eines Kindes geschrieben ist. Dabei ist die Sprache aber überhaupt nicht kindlich und so auch für einen Erwachsenen sehr angenehm zu lesen. Es macht aber Spaß, die Welt durch die Augen eines Kindes zu betrachten, denn natürlich sehen und bewerten Kinder Dinge anders als Erwachsene, was in diesem Buch auch zu vielen witzigen Szenen führt.

Fazit:
Ein humorvolles Buch mit ernstem Hintergrund, das einen zum Schmunzeln, aber durchaus auch zum Nachdenken bringt.