Rezension

So aktuell, so wichtig: Wenn die Realität die Fiktion überholt

Sanctuary – Flucht in die Freiheit -

Sanctuary – Flucht in die Freiheit
von Paola Mendoza

Bewertet mit 4 Sternen

Tragisch, beeindruckend, grausam – Valis Leben ist ein Kampf. Ein Kampf um Normalität, Freiheit und letztendlich ein Kampf um das Überleben. Denn als Tochter illegaler Einwanderer*innen in den USA ist ihr Status mehr als ungewiss und ein Alltag nur möglich mit einem gefälschten ID-Chip und der Notwendigkeit, unauffällig und unterhalb der Aufmerksamkeit ihrer Umgebung – und vor allem der staatlichen Überwachung – zu bleiben.

Doch eben diese Regierung – in persona der Präsident der Vereinigten Staaten – ist es, die Vali und ihrer Familie den Tod bringen könnte. Denn die Einwanderungs- und Aufenthaltsgesetze werden zunehmend verschärft, bis letztendlich eine grausame Jagd auf die Menschen gemacht wird. Arbeitslager in gigantischer Größe wachsen wie totbringende Geschwüre aus dem Wüstenboden. Gerade als Deutsche*r  kommen da schlimme Erinnerungen mit Blick auf die eigene Geschichte auf.

Vali, ihr Bruder Ernie und ihre Mutter lassen ihr weniges Hab und Gut zurück und begeben sich auf eine Flucht ohne Wiederkehr, auf eine Wanderung mit unklarem Ziel und Ausgang – und vor allem in eine Zeit des Verzichts, der Qual, der Angst. Insbesondere Vali kommt hier eine schwere Aufgabe zu, denn nachdem ihre Mutter festgenommen wird, ist sie mit ihrem Bruder auf sich allein gestellt und trägt die Verantwortung für ihrer beiden Leben. Eine Last, die groß und schwer ist.

Das Schicksal der beiden jungen Einwanderer*innen ging mitten in mein Herz. Selbst behütet und beschützt aufgewachsen und durch den Zufall, in dem „richtigen Land“ geboren zu sein, einen sicheren Status besitzend, würde mir die Geschichte als Dystopie erscheinen, wenn, ja wenn nicht die Realität diese schon längst eingeholt hätte. Zum Glück berichten die Medien in unserem Land, und spätestens seit den großen Fluchtbewegung in 2015/16 haben auch wir hier in Deutschland in der neueren Zeit erfahren, was es bedeutet, unter Lebensgefahr sein Land – und oftmals auch seine Familie – zurücklassen zu müssen.

Nicht eindringlich genug können wir alle auf das Schicksal der geflüchteten Menschen aufmerksam machen, für ihre Integration und Anerkennenung in diesem Land werben und kämpfen. Das Buch ist damit wichtig. Notwendig. Hochaktuell. In seiner Umsetzung hat es für mich kleinere Schwächen, etwa in Valis zu Beginn äußerst kindlichem Verhalten, einer Jugendlichen in dem Alter für mich nicht entsprechend. Doch Ziel, Aussage und Wirkung des Textes lassen auch Abstriche für mich schnell in Vergessenheit geraten, so dass „Sanctuary“ meine Leseempfehlung ist. Lesen. Verstehen. Handeln!