Rezension

Solides Debüt, das mich nicht vollständig überzeugen konnte

Sieben Richtige - Volker Jarck

Sieben Richtige
von Volker Jarck

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ich befürchte, dass ich den Inhalt irgendwie nicht ganz verstanden habe. Der Roman beginnt mit Victor und seiner Tochter Greta. Beide kehren von einem Ausflug zurück, als sich ihr Leben von einen Moment auf den anderen unwiderruflich ändert. Doch die beiden sind nicht die einzigen Charaktere, die wir begleiten. Diese Szene zu Beginn des Romans bringt eine kleine Kettenreaktion mit sich, die auch das Leben anderer Charaktere ändern wird. 
Das Stilmittel, einen Roman aus mehreren Perspektiven zu erleben, die alle zusammengehören, gefiel mir an sich sehr gut. Besonders schön fand ich, dass die Handlungsstränge auf mich nicht konstruiert wirkten und jeder der Charaktere eine Entwicklung macht. 
Allerdings fehlte mir dennoch der Grundkonflikt von Sieben Richtige. Ich hatte schöne Stunden mit den Charakteren, fand ihre Geschichten sehr bewegend und wollte wissen, wie es mit ihnen weitergeht. Dennoch waren es mehr einzelne Episoden, bei denen ich mir mehr Verknüpfung gewünscht hätte. In allen Perspektiven spielten die Themen Liebe und Verantwortung eine große Rolle. Dicht gefolgt von der Frage, wie ein glückliches Leben aussieht. 
Allerdings fiel es mir trotzdem schwer, eine übergreifende Entwicklung in der Handlung zu erkennen. Die Entwicklung der einzelnen Charaktere, bzw. die Veränderung in deren Leben war toll herausgearbeitet. Aber die einzelnen Geschichten standen aus meiner Sicht eher für sich und hatten, bis auf die Tatsache, dass sich alle Charaktere über viele Ecken kannte, nicht viel miteinander zu tun. 
Was mich zudem verwirrte war, dass die Handlung nicht nur aus mehreren Perspektiven erzählt wird, sondern Volker Jarck auch zwischen Gegenwart und Vergangenheit springt. Manchmal verlor ich bei den Zeitsträngen etwas den Überblick und wusste nicht, ob wir uns gerade in der Vergangenheit oder in der Gegenwart befinden. Irgendwann, aber erst gegen Ende, wagen wir gemeinsam mit dem Autor auch einen Blick in die Zukunft. Das sorgte dafür, dass einige Handlungsstränge schneller vorankamen, als andere und wir so nochmal zurückgehen mussten, um auch bei den anderen Perspektiven in der Zukunft anzukommen. 
Was mir bei der Hörbuchgestaltung besonders gut gefiel war, dass der Titel ungekürzt produziert wurde. Da wir hier viele Perspektiven erleben und beinahe jedes Detail wichtig ist, wäre es noch schwieriger gewesen, den Überblick über die einzelnen Charaktere zu behalten, wenn uns hier und da Informationen gefehlt hätten. 
Christoph Maria Herbst zeichnet sich für mich vor allem durch seine schnelle Lesegeschwindigkeit aus. Nachdem ich zuvor einen Titel gehört hatte, der sehr langsam gelesen wurde, habe ich mich gefreut, dank Herbst inhaltlich schnell voranzukommen. Allerdings stellte sich seine Lesegeschwindigkeit für mich zu Beginn als kleiner Nachteil heraus. Ich bekam am Anfang nicht mit, wann eine neue Perspektive begann und war somit kurz orientierungslos. Ich bin mir nicht sicher, ob man die Perspektivenwechsel mit einem Stilmittel, wie beispielsweise einer kurzen Melodie besser hätte kennzeichnen können. 
Allerdings ist das immer noch Jammern auf sehr hohem Niveau. 
Denn nach einer Stunde fand ich mich in den vielen Perspektiven zurecht und wusste, wer zu wem gehörte. Mir gefiel Christoph Maria Herbst Interpretation sehr. IN Sieben Richtige wird viel zwischen den Zeilen erzählt. Herbst hat es geschafft, genau das in Worte zu fassen. Wenn ein Charakter nicht weiß, was er will, druckst Herbst herum und arbeitet so die Orientierungslosigkeit des Charakters heraus. Besonders gut hat mir seine Interpretation von Greta gefallen, die zu Beginn des Titels auftaucht und im ganzen Roman eine Nebenrolle spielt. Neben den vielen ernsten Themen gab dieser Charakter der Handlung eine Leichtigkeit, die von Christoph Maria Herbst gut aufgefangen wurde. 
Volker Jarcks Schreibstil zeichnet sich vor allem durch indirekte Rede aus. Es gibt wenig Dialoge, was ich sehr spannend fand, weil es Jarck dennoch gelungen ist, mir unterhaltsame Stunden zu bescheren, obwohl die Handlung größtenteils passiv beschrieben wurde. Außerdem finden sich in Sieben Richtige viele längere Sätze, in denen viel Inhalt verpackt wird. Allerdings sorgen die Sätze nicht dafür, dass ich mich irgendwann fragte, was der Autor damit sagen will bzw. wie der Satz eigentlich begann. 
Volker Jarck hat es geschafft, die Handlung bzw. die Entwicklung der Charaktere zu beschreiben, aber ohne inhaltlich vorzukauen. Er arbeitet die Gefühle und Gedanken der Charaktere heraus, ohne, dass er Dinge beim Namen nennt, aber dennoch so, dass uns Hörer*innen klar ist, was gerade passiert. Das hat mich sehr beeindruckt. 
Gesamteindruck
Ich muss zugeben, dass ich bei Sieben Richtige keinen Klappentext gelesen habe, sondern fälschlicherweise davon ausgegangen bin, dass uns hier eine lustige Handlung erwartet und das nur, weil das Hörbuch von Christoph Maria Herbst gelesen wurde. Uns erwartet hier eine tiefgründige, bewegende Geschichte, die vordergründig ernste, nachdenkliche Themen behandelt und nur hier und da für lustige Momente sorgt. 
Wer eine Gruppe Charaktere dabei begleiten möchte, wie sie ihren Weg im Leben finden, Entscheidungen treffen aber doch auf ihre Art an ihr Ziel kommen, sollte sich Sieben Richtige unbedingt mal anhören.