Rezension

spannende Unterhaltung in einem apokalyptischen Deutschland

Der Finder - Michael Schreckenberg

Der Finder
von Michael Schreckenberg

Zitat:
„Ihre Finger deuteten aus dem Fenster, sie schubste mich vor die Fensterbank. Ich sah hinaus.“
(S.22)

„Ich hatte meine Eltern verloren und meine Schwester, aber der Verlust an Menschen war so allumfassend und gewaltig, dass ich kaum trauern konnte.“
(S.42)

„Für einen Moment war es völlig still und ich hatte das irritierende Gefühl, zurückgekommen zu sein an einen Ort, der nur für mich existierte – und schon vor langer Zeit existiert hatte.“
(S.60)

Inhalt:
Auf einem Klassenfest begegnet Daniel wieder Esther. Beide fühlen diese gegenseitige Anziehung und landen schließlich im Bett.

Nach berauschenden Stunden in Daniels Wohnung spüren sie die Veränderung ringsum. Etwas ist anders. Die Menschen fehlen!

Nur eine kleine Gruppe Überlebender existiert noch. Auf einem Bauernhof finden sie Unterschlupf. Schon bald wird ihnen klar, dass die Vorräte nicht ewig reichen werden. Auch an vielen anderen Dingen mangelt es. Und so wird Daniel zum Finder.

Alles scheint sich gut zu entwickeln. Das Leben der Gruppe stabilisiert sich. Doch dann finden sie heraus, dass es da noch Etwas gibt. Das Etwas wird zu ihrer größten Bedrohung. Niemand hat die Wesen bisher zu Gesicht bekommen. Wer sie doch zu Gesicht bekommt, stirbt innerhalb kürzester Zeit!    

Meinung:
„Der Finder“ ist mir schon einige Male über den Weg gelaufen. Der Klappentext klang spannend und die Geschichte sollte in Deutschland in einem Endzeitszenario spielen. Nachdem ich nun eine Weile um das Buch herumgeschlichen bin, hat es zu mir gefunden. Neugierig wie ich bin, habe ich mich dann auch recht schnell der Geschichte gewidmet.

Michael Schreckenberg lässt die Geschichte langsam anlaufen und so fand ich mich auf einem Klassentreffen an der Seite von Daniel wieder. Daniel war für mich gleich ein sympathischer Typ. Im Laufe der Jahre hatte er, wie jeder andere Mensch auch, ein paar kleine Eigenarten entwickelt. Etwas zu schnell ging mir dann die Liebelei mit Esther. Gut, natürlich kommt man sich gerade bei solchen Treffen auch näher und es kann auch das ein oder andere passieren. Aber dann gleich von der großen Liebe zu sprechen, halte ich dann trotz der anschließend entstandenen Rahmenbedingungen etwas weit hergeholt. Dennoch konnte ich diese Entwicklung nach einiger Zeit gut akzeptieren.

In die Geschichte selbst bin ich recht gut hineingekommen und erlebte die erschreckende Entwicklung somit hautnah. Ich würde es auch äußerst beunruhigend finden, wenn um mich herum plötzlich keine Menschen mehr wären.

Irgendwie schienen die Teilnehmer des Klassentreffens von der Katastrophe ausgenommen zu sein. Denn tatsächlich fanden sich unter den Überlebenden nur Daniels ehemalige Schulkameraden. Die Idee fand ich allerdings schon mal ziemlich gut und passend. Was, wenn dies jetzt die letzten Bewohner der Erde waren? Gab es vielleicht in anderen Städten, Ländern oder Erdteilen weitere Menschen? Niemand konnte das sicher einschätzen.

Der erste Teil der Geschichte wurde für mich zu einem Weg mit kleinen Holpersteinen, wobei ich ständig den Drang verspürte, den weiteren Fortgang wissen zu müssen. Holpersteine dahingehend, dass ich von der Masse der handelnden Personen mitunter schier erschlagen wurde und teilweise den Überblick verlor. Für das Verständnis der Geschichte selbst war das jedoch nicht weiter schlimm, da sich der Autor irgendwann dann größtenteils auf eine reduzierte Auswahl an Charakteren im Vordergrund beschränkte. Bitte versteht mich nicht falsch! Das sind kleine Kritikpunkte, die meinen Lesespaß nur unwesentlich einschränkten. Denn Lesespaß hatte ich mit der Geschichte wirklich genug. 
Auf jeden Fall fing der Plot für mich, abgesehen von den Anfangssequenzen mit dem Klassentreffen, mehr oder weniger als Reiseführer durch ein apokalyptisches Deutschland mit einer Vielzahl relativ unschlüssiger Charaktere, die sich teilweise in Nebensächlichkeiten verlieren, an.

Doch es wurde immer besser! Der Autor hatte seinen Rhythmus gefunden und legte das Augenmerk auf die für mich wichtigen Punkte. Die Spannung stieg und stieg und oftmals standen mir die Haare in gruseliger Erwartung zu Berge. Die Geschichte nahm gewaltig an Fahrt auf und irgendwann flog ich nur so durch die Seiten. Michael Schreckenberg hatte es dann wirklich geschafft, mich an seine Idee zu fesseln und mit schönen und durchdachten Handlungssträngen zu begeistern.

Die Geschichte ist vorrangig aus der Sicht von Daniel in Vergangenheitsform geschrieben. Die Dialoge nahmen im weiteren Verlauf, ebenso wie einzelne Charaktere, an Tiefe zu. Insofern war es kein Wunder, dass ich anfing, die Geschichte förmlich zu inhalieren.

Natürlich muss eine Geschichte zu einem Ende kommen. Doch manchmal kann ich nicht verstehen, weshalb denn unbedingt versucht werden muss, Erklärungen für die Vorkommnisse und Entwicklungen der vorangegangenen Seiten zu geben. Die Auflösung, wie es zu all dem gekommen ist, könnte man natürlich wirklich abgerundet nennen. Dennoch wäre mir hier ein offenes Ende, das die Fantasie beflügelt, deutlich lieber gewesen. Insgesamt kann ich behaupten, dass ich mich mit diesem Buch und seiner Geschichte sehr wohl gefühlt habe. Insofern muss man wirklich sagen: Auch deutsche Autoren können hervorragend Endzeit!

Urteil:
„Der Finder“ entführte mich in ein apokalyptisches Deutschland, wie man es sich nicht vorstellen mag und dennoch mit interessiertem Blick hinschaut. Die schönen Lesestunden belohne ich deshalb an dieser Stelle mit soliden 4 Büchern.

Für alle Fans apokalyptischer Szenarien, die auch bekannte Umgebungen nicht von Katastrophen ausschließen, vor spannungsgeladenen Handlungen nicht zurückschrecken und die Hoffnung nie aufgeben!

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