Rezension

Spannender historischer Roman

Die Gabe der Sattlerin -

Die Gabe der Sattlerin
von Ralf H. Dorweiler

Bewertet mit 4 Sternen

„...Aber jetzt gebe ich dir einen wirklich wichtigen Rat: Höre auf dein Herz. Tue das, was es dir empfiehlt, und vertraue deiner Entscheidung. Mit allen Folgen, die sich daraus ergeben mögen...“

 

Diese Worte hört die 19jährige Sattlerstochter Charlotte am Vorabend ihrer Hochzeit. Und sie trifft eine unerwartete Entscheidung.

Wir befinden uns im Jahre 1781. Der Amtmann Julius Magnus Lenschneider hatte Charlotte vor einiger Zeit um ihre Hand gebeten. Die nahm sich Bedenkzeit, stimmte dann aber zu.

Währenddessen sitzt in Stuttgart der junge Friedrich Schiller in seiner Kammer und überarbeitet sein Schauspiel „Die Räuber“ für die Bühne. Eigentlich ist er als Regimentsarzt bei Herzog Carl Eugen angestellt. Der aber bezahlt seine Militärangehörigen eher sporadisch. Die Schriftstellerei bringt Friedrich momentan auch noch kein Geld, zumal er das Buch anonym veröffentlicht hat.

Der Autor hat einen spannenden und abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Die Geschichte lässt sich flott lesen.

Der Schriftstil passt sich den Gegebenheiten an. Das zeigt sich insbesondere in den vielfältigen Dialogen. Die Gespräche zwischen Charlotte und Friedrich finden auf Augenhöhe statt. Unterhält sich der Herzog mit jemanden, klingt jedes der Worte wie ein Befehl. Eine einzige getraut sich überhaupt, ihm zu widersprechen. Das ist die Hoffaktorin, die mit nicht vorhandenen Finanzen das Herzogtum am Funktionieren halten muss.

In der Nacht vor der Hochzeit verlässt Charlotte mit ihrem Werkzeug und ihrem Pferd den elterlichen Hof. Über den Amtmann sagt sie:

 

„...Er war kein schlechter Mann, nur eben nicht der Richtige...“

 

Im Gestüt Marburg wird sie auf Friedrich Schiller treffen, der dort kurzzeitig als Arzt für die Pferde zuständig ist.

Mir gefällt, wie detailliert zum einen die Arbeit auf den Gestüt dargestellt wird, zum anderen Charlottes Handgriffe bei der Herstellung von Sattel und Zaumzeug.

Herzog Carl Eugen wird sehr differenziert charakterisiert. Warum er so wurde, wie er ist, fasst er selbst so zusammen:

 

„...Ich wurde in einem Alter zum alleinigen Regenten, als eine unnachgiebige, väterliche Hand vonnöten gewesen wäre. [..] Ich war jung und mächtig, fühlte mich als Nabel der Welt und dachte, ich könnte mir alles erlauben. Und meinst du, irgendjemand hätte gewagt, mich in die Schranken zu weisen?...“

 

Friedrich hat in der Karlsschule in Stuttgart den harten Drill der Ausbildung erlebt. Andererseits baut der Herzog ein Schloss nachdem anderen. Im Gespräch zwischen mit Charlotte kommt Friedrich zu der folgenden Erkenntnis:

 

„...Vielleicht hat er versucht, eine innere Leere mit all dem Prunk zu füllen. Vielleicht hat er aber auch einfach keinen Gedanken an das Wohl anderer verschwendet...“

 

Ab und an darf ich an einzelnen Stellen verfolgen, wie Friedrich Schiller in seinem Werk um jedes Wort ringt. Als Rossarzt allerdings ist er denkbar ungeeignet. Er hat es Charlottes praktischer Erfahrung mit Pferden zu verdanken, dass dies nicht auffällt.

Sehr schön finde ich, dass jedes Kapitel mit einem Zitat aus einem von Schillers Werken beginnt.

Ein Nachwort trennt Fiktion von Realität.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen.