Rezension

Spannender historischer Roman

Das Vermächtnis der Kurfürstin -

Das Vermächtnis der Kurfürstin
von Jutta Weber-Bock

„...Der Bruder hatte sie von Anfang an durchschaut, gleichwohl bestärkte er sie in ihrem Gebrechen, weil er sonst sein eigenes Versagen bei ihrer Erziehung und der des Kindes hätte zugeben müssen. Dieses musste dienen lernen in der Fremde und durfte keine Freude mehr haben im Leben. Warum sollte es ihm besser gehen als ihr?...“

 

Diese Zeilen sprechen von der harten Verbitterung der Frau Bergrat Elisabeth Hehl. Spüren soll dies Christiane, die sie nur „das Kind“ nennt.

Die Autorin hat einen tiefgründigen historischen Roman geschrieben. Er ist zu beginn in Stuttgart anno 1823 angesiedelt. Die Geschichte zeugt in jeder Zeile von der exakten Recherche der Autorin.

Der Schriftstil ist ausgefeilt. Er passt sich den historischen Gegebenheiten an.

Christiane ist eine junge Frau, die gern ihren eigenen Weg gehen möchte. Doch die Zeitverhältnisse lassen das nicht zu. Da sie noch nicht volljährig ist, bestimmt Frau Bergrat ihren Aufenthaltsort. Deren Bruder, Hofmedicus von Klein, wollte sich als Christianes Vater ausgeben. Damit hätte sie einen Herkunftsnachweis. Bevor es dazu kommt, stirbt er auf mysteriöse Weise. Nun liegen alle Entscheidungen in der Hand der Frau Bergrat.

Als Leser folge ich Christiane auf Schloss Brandenburg, nach München, Metzingen und Freudenstadt. Ihr Leben ist mal mehr, mal weniger hart. Immer aber wird sie auf ihren Platz verwiesen.

 

„...Eine Schürze trug sie nicht. Nicht wie ein Dienstbote aus dm Haus gehen, das hatte sie sich vorgenommen. Wie sie sich in Ulm dafür gehasst hatte, dass man daran ihren Stand erkannt hatte...“

 

Und oft merkt sie erst spät, dass auch am neuen Ort die Frau Bergrat die Fäden gezogen hat.

Christiane hat sich der Gesindeordnung zu fügen. Ohne Herkunftsnachweis ist ihr auch eine Heirat verwehrt. Zwar glaubt sie eine Zeit lang, dass eine Hochzeit die Lösung wäre, doch die Entscheidung liegt nicht bei ihr. Dadurch zerschlägt sich mancher Plan.

Sie hätte sich gern als Kleidermacherin selbständig gemacht. Dazu aber fehlt ihr das Geld. Ob ihr Onkel Ferdinand helfen kann? Sie erinnert sich an seine Worte:

 

„...Wenn du dir Sorgen machst, passiert etwas. Lerne es, dich in Geduld zu üben...“

 

Doch Onkel Ferdinand ist beim Herrscher in Ungnade gefallen. Verrat und Intrige hatten ihre Hand im Spiel.

Einige der Regeln der Zeit waren hart. Als Christiane dringend eine Anstellung braucht, bekommt sie eine Stelle für Kost und Logis, da sie minderjährig ist. Kurz nach ihrer Volljährigkeit wird sie entlassen – sonst müsste man sie jetzt bezahlen.

Doch volljährig heißt nicht frei. Dafür hat die Frau Bergrat inzwischen gesorgt. Und immer noch ist Christianes Herkunft im Dunkeln. Zwei Spielkarten und zwölf Servietten sollen helfen. Aber wie? Was bedeutet das Wappen?

 

„...Alle meinten es immerzu gut und ließen ihr keine Luft zum Atmen...“

 

Ein Personenregister und ein Nachwort ergänzen die Geschichte.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Eine junge Frau kämpft um ihr Recht auf ein selbstbestimmtes Leben und wird raffiniert ausgebremst. Frau Bergrat scheint mit all ihren Winkelzügen durchzukommen. Dazu gehört auch Mord. Ob die Zukunft eine Besserung bringt? Ich bin gespannt auf die Fortsetzung.