Rezension

Spannender Thriller in süd-deutschen Gefilden erzählt

Märchenblut - Nadja Roth

Märchenblut
von Nadja Roth

Bewertet mit 4 Sternen

Eleonor Werner trennte sich gerade von ihrem Freund Michael, der sie mit der Kollegin Sabrina betrogen hat. Eleonor arbeitete zuvor bei der Kölner Mordkommission, und lässt sich nach der Trennung nach Ludwigshafen versetzen. Bei ihrer alten Freundin Jessica in Mannheim kann sie zunächst vorübergehend wohnen. Kaum ist Eleonor – auch Elli genannt – in Ludwigshafen angekommen, wird sie auch schon mit einem Fall von inszenierter Opferdarstellung befasst. Das erste Opfer ist eine ehemalige Kinder- und Jugendheimmitarbeiterin, die im Schifferstädter Wald von einem Spaziergänger gefunden wird. Es stellt sich bei mehreren Befragungen aus dem Umfeld des Opfers Frau Mehrdorf heraus, dass diese ihre eigenen Erziehungsmethoden hatte, die von ihrer Chefin Frau Becker unterstützt wurden, und von anderen Kolleginnen erduldet wurden. Als weitere Opfer folgen, die jedes Mal mit einem Zitat aus einem Märchen begleitet werden, versucht Elli mit ihrem neuen Kollegen Adam Flick und ihrem Chef Dr. Brunner einen Zusammenhang herauszufinden.

Der deutschen Autorin Nadja Roth liegen Märchen anscheinend am Herzen. Denn Elemente aus deutschen Märchen spielen eine Rolle in ihrem aktuellen Thriller. Bei den Opfern werden Zitate sowie vergiftete Äpfel platziert. Mit den Methoden des Täters oder der Täter steigt eine Spannung von Opfer zu Opfer. Dennoch belässt die Autorin die Leserschaft zunächst im nebulösen Dunstkreis. Zwischendurch ist dem Täter, bei dem es sich um einen Ich-Erzähler handelt, Raum gelassen worden, über dessen Ziele und Charakterzüge sowie Neigungen man von Kapitel zu Kapitel häppchenweise mehr erfährt. Durch die Beschreibung des Täters beziehungsweise Ich-Erzählers steigt zusätzlich die Spannung. Aufgrund der brutalen und teilweise perversen Beschreibungen der Vorgehensweise des Täters reicht dieser Thriller an einen Psychothriller heran. Elli steht hier als Polizeikommissarin im Vordergrund, wobei ihr Berufs- sowie Privatleben beschrieben wird. Meiner Meinung nach sind die Figuren wie Jessica, Rüdiger, Dr. Brunner und Adam Flick klare und nachvollziehbare Figuren, die sehr gut in die Geschichte passen. Elli dagegen ist zwar sympathisch, aber sie hat ihre Schwächen, weil sie zu sehr auf ihr Äußerliches achtet, Unsicherheit teilweise ausstrahlt und nicht konsequenter bei ihren Handlungen - vor allem bei der Polizeiarbeit - durchgreift. Es vermischt sich zwischendurch. Die Figur ist mir nicht konsequent genug.

Dieser Thriller ist mit Brutalität und Perversion kaum zu überbieten, aber dennoch spannend und mit teilweise relativ aktuellen Themenelementen wie sexueller Missbrauch und strengen Erziehungsmaßnahmen bei Heimkindern (bekannt geworden in den letzten zehn Jahren aufgrund der öffentlichen Bekanntmachung einzelner Opfer bzw. Opfergruppen, die vor allem in den 1950er und 1960ern Jahren den Gewalt- und Zwangsmaßnahmen der Heimerziehung unterlagen) untermalt. Die Themenelemente wurden gut in die Geschichte integriert, so dass man sich in die damalige Zeit der Heimkinder hineinversetzen kann. Elli als Ermittlerin ist noch ausbaufähig.