Rezension

Spannendes Buch mit leider nicht sehr sympathischer Protagonistin

Die Geldwäscherin - Traude Engelmann

Die Geldwäscherin
von Traude Engelmann

Bewertet mit 4 Sternen

Gisela Schikaneder, 50plus, lebt von Hartz 4 und ist damit nicht sehr zufrieden, sie hat ständig Geldprobleme und würde sich gerne mehr leisten können, z. B. schöne Kleider, außerdem erwarten ihre (erwachsenen) Kinder Geldzuwendungen von ihr. So greift sie sofort zu, als ihr eine Zufallsbekanntschaft einen Job anbietet und als sie die Möglichkeit hat, sich an illegalen Geschäften zu beteiligen, sagt sie auch nicht nein. Als dann ein paar Leichen auftauchen, versucht sie die Todesfälle zu klären und plötzlich ist ihr Leben mehr als aufregend.

Die Geschichte wird komplett aus Giselas Sicht erzählt, als Leser nimmt man direkt an ihren (ungeschönten) Gedanken teil. Ich brauchte ein paar Seiten, um mich einzulesen, danach gefiel mir dieser Schreibstil recht gut, vor allem liest es sich sehr amüsant. Giselas teilweise sehr abstruse Ideen werden sehr trocken erzählt, allerdings finde ich vor allem die Dialoge meist recht übertrieben dargestellt, normale Menschen reden so nicht (vor allem keine jungen, so dass ich es besonders bei Giselas Sohn Florian und dessen Freundin Theresa  als besonders übertrieben empfand).

Gisela ist leider kein Charakter, mit dem man sich identifizieren könnte – und sie ist auch nicht sehr sympathisch. Wirklich sympathische Charakter gibt es allerdings im ganzen Buch nicht. Das liegt eben an dem Milieu, in dem Gisela sich hier bewegt, alle sind recht egoistisch und denken nur an ihr eigenes Wohl – und viele sind regelrechte Verbrecher. Aber gerade das macht auch das Interessante am Buch aus, die Sichtweise einer Person zu folgen, die ganz anders handelt, als man selbst es täte.

Warum Gisela sich auf die Geldgeschäfte einlässt, ist nachvollziehbar (jedenfalls aus Giselas Sicht), warum sie allerdings in den Mordfällen ermittelt – und dabei der Polizei wichtige Informationen vorenthält, wodurch sie sich mehr als einmal in Gefahr bringt, wird nicht wirklich deutlich.Was sie sich davon verspricht, konnte ich nicht nachvollziehen. Dadurch wirkt das Buch etwas konstruiert und weniger rund, als es sein könnte.

Ist das Buch in der ersten Hälfte noch sehr spannend, hat es in der zweiten Hälfte deutliche Längen und verliert zunehmend das Amüsante. Ich hatte immer mehr das Gefühl, die Geschichte sollte langsam zum Ende kommen. Gegen Ende gab es dann allerdings noch die spannendste Sequenz, die gut als Showdown geeignet gewesen wäre, leider gab es aber auch danach noch zu viel Text. Das Ende ist dann relativ offen, die Morde werden zwar geklärt, doch Giselas weitere Geschichte bleibt unklar. Ob hier eine Fortsetzung geplant ist?

Insgesamt hat mich das Buch, zumindest über weite Strecken, wirklich gut unterhalten. Wahrscheinlich würde ich auch ein weiteres Buch über Gisela gerne lesen. Auf jeden Fall bin ich nun an anderen Werken von Traude Engelmann interessiert, von der ich bisher nur zwei Kurzgeschichten gelesen hatte, die mir auch gut gefielen, da auch dort derselbe Humor zu finden war. Wer einmal einen anderen Krimi lesen möchte, der sollte zumindest einen Blick wagen.