Rezension

Starker Start, enttäuschende Auflösung

Der heimliche Beobachter -

Der heimliche Beobachter
von Lisa Unger

Bewertet mit 3 Sternen

In „Der heimliche Beobachter“ stellt Lisa Unger zwar unter Beweis, dass sie (sehr spannend!) schreiben kann, und bietet gute Unterhaltung, kann jedoch mit dem Gesamtverlauf der Handlung nicht überzeugen.

 

Das Setting von „Der heimliche Beobachter“ ist denkbar spannend: Eine kleine, eng verzahnte Gruppe von Menschen zieht sich für ein ungestörtes Wochenende in ein einsam gelegenes Cottage zurück. Jede und jeder von ihnen bringt eigene Altlasten mit, die nach und nach aufgedeckt werden, während zugleich eine Bedrohung von außen die ohnehin schon angespannte Stimmung aufheizt. Das Buch startet mit einer starken Exposition, die die verschiedenen Figuren plastisch hervortreten lässt und unzählige Geheimnisse, Lügen und Verstrickungen anreißt, die uns Lesende dem Ende entgegenfiebern lassen. Ohne zu viel verraten zu wollen, erweist sich leider mehr als ein Handlungsstrang als nahezu überflüssig für die Auflösung.

 

Lisa Unger gelingt es zu Anfang, ohne Action oder Blut, sondern allein aufgrund der Charakterisierung ihrer Figuren eine angespannte Atmosphäre heraufzubeschwören, die dafür sorgt, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Die Frage, wie die Hintergründe der Figuren mit dem Geschehen in der Gegenwart zusammenhängen, bleibt über weite Teile des Romans bestehen und weckt Vorfreude auf eine clevere Auflösung, die alle Fäden zusammenführt. Darauf wartet man jedoch vergeblich. Das ist vor allem deshalb so schade, weil gerade das erste Drittel des Romans so besonders vielversprechend daherkommt. In Bezug auf Stil und Erzähltempo trifft Lisa Unger genau den Nerv, den ein guter Psychothriller treffen muss. Mithilfe mehrerer Perspektiven gibt sie nach und nach neue Informationshäppchen, die neue Möglichkeiten von Zusammenhängen eröffnen und immer neue Theorien entstehen lassen. Über lange Strecken hinweg bleibt die Spannung hoch – und fällt dann rapide ab.

 

„Der heimliche Beobachter“ kann trotz starker Anlagen und viel psychologischer Spannung aufgrund der enttäuschenden Auflösung nicht auf voller Länge überzeugen.