Rezension

Stephen Kings erster veröffentlichter Roman - immer wieder gut!

Carrie - Stephen King

Carrie
von Stephen King

Bewertet mit 4 Sternen

Carrie ist 16 und lebt alleine mit ihrer Mutter in der Kleinstadt Chamberlain. Ihre Mutter ist eine religiöse Fanatikerin, die jede körperbetonte Kleidung, Kontakt zu Jungen, Tanzen und jegliches frauliches Körperbewusstsein als Sünde bezeichnet und unter deren harten Ansichten Carrie von jeher leiden und büßen musste. Ihre Erziehung hat zur Folge, dass Carrie höchst schüchtern, unbeholfen und verklemmt ist und seit der ersten Klasse das Gespött ihrer Mitschüler ist. Doch nun, kurz nachdem sie zum ersten Mal ihre Periode bekommen hat, erwacht in Carrie eine Kraft, die sie in frühester Kindheit schon gezeigt, aber danach verdrängt hatte: sie besitzt telekinetische Fähigkeiten. Dadurch schafft sie, sich etwas aus dem Klammergriff ihrer Mutter zu befreien. Als sie auf dem Frühlingsball vor der Abschlussklasse aufs Höchste bloßgestellt wird, kann sie ihre Kräfte nicht mehr unter Kontrolle halten und dreht den Spieß um.

Von Anfang an lässt Stephen King den Leser wissen, dass durch Carrie etwas Schreckliches geschehen wird. Das Buch ist zum Teil in normalem Stil aus der Sicht Carries geschrieben und immer wieder abschnittsweise durch „Berichte“ von Kommissionen, Augenzeugen und Buchautoren über ihren Fall und die Ereignisse durchsetzt. Dadurch bekommt man den Eindruck, die Ereignisse hätten tatsächlich stattgefunden und fiebert der Auflösung entgegen.

Carrie ist eine wunderbare tragische Heldin, die eigentlich nur verlieren konnte, nachdem Chris Hargensen ihren Streich und ihre eigene Mutter ihren Tod beschlossen hatten. Carrie erzeugte Mitleid bei mir und ja, ich habe sie angefeuert und den Mitschülern ihre Rache auch gegönnt. Doch am Ende erkennt man, dass Carrie schließlich ein größeres Ungeheuer geworden ist, als ihre spottenden Mitschüler und Stadtbewohner, dass sie der feurige Racheengel geworden ist, der in den Geschichten ihrer Mutter auf die Erde niederfahren sollte. Das eigentlich Tragische daran ist für mich, dass Carrie kein normales Leben vergönnt war und dass sie im Moment ihres größten Glücks ihre ultimative Demütigung erfahren musste. Ein Horrorbuch, das nicht durch große Schockeffekte aufwartet, sondern eher durch die erlittene seelische Grausamkeit und Ungerechtigkeit aus der Sicht eines Mobbingopfers  nachwirkt.