Rezension

Straight to hell

Höllenjob für einen Seraph
von Helen B. Kraft

Bewertet mit 3 Sternen

Der göttlichen Komödie- zweiter Teil

Wir halten es weiterhin wie Goethe und verwirklichen einen weiteren Höllentrip. Diesmal widmen wir uns dem Seitensprung von Luzifer und Asmodeus. Lilith, ganz klassisch bemerkt: die erste Frau die erschaffen wurde vor Eva. Zwischenzeitlich mal als 'die Schlange' daher kommend und in diesem Buch wie wir sie kennen, die Punkerin die mit dem Kopf durch die Wand gehen will und Chaos hinterlässt, wo immer sie auftaucht.
Um mal bei dem Vergleich zu bleiben mit Goethe- dessen Faust II ist ja ganz schön verkannt und die Mehrheit der Deutschlehrer bemüht sich gar nicht erst ihn ihren Schülern nahe zu legen. Faust und Gretchen mit Mephisto on Tour: ok. Hier also: Shatan und Evangelina mit Metatron on Tour: ok. Aber Faust und best buddy im LSD Traum: schlecht. Lilith und Ravael im Zick Zack Kurs: uff.

Dennoch möchte ich Helen B. Kraft an dieser Stelle danken, dass sie die Leserunde auf Lovelybooks mitgemacht hat und einigen Lesern und mir mit Antworten zur Verfügung stand. Wie in meinem kleinen Video angekündigt, schmeckt diese Geschichte nicht jedem- mir aber schon. Und das tut sie immer noch, auch nach hochlobender Kritiken und jenen die eher kopfschüttelnd streng sind. Zu Recht. Denn Liliths Höllenjob ist schon eine Anforderung an den Leser. Der hin und her wankt zwischen: Super Idee- wah versteh' ich nicht! Und: Häh- was kommt nun wieder?- Oh Ah! * erleucht*

Es beginnt damit, das der mir versprochene Aufenthalt im Himmel, auf Wolke und mit 'Harfe- zupfen für Fortgeschrittene' mir persönlich zu knapp ausfällt und die sachte Annäherung von Lil und Löwenmähne Rave schon mal vorausgesetzt wird. Es verschwindet nun als nächstes das als 'deprimiert' modifizierte Schwert: 'Hamit-Hapächät'- „Gesundheit!“ Allerdings stellt sich noch heraus, dass diese alles endgültig vernichtende Klinge nicht wie der Roboter aus 'Per Anhalter durch die Galaxis' Trübsal bläst, sondern er ist eher ein nicht beachtetes Kind, welches andauernd gegen seinen Willen irgendwo in die Ecke gestellt wird oder dem die Schneide einfach nicht gründlich genug poliert wird- er zetert und motzt tatsächlich nur herum.

Das Personifizieren wird dann noch weiter gesponnen, in dem wir einen inkontinenten Kaktus kennen lernen, der für mich persönlich echt ein Highlight darstellt. Die geneigten Blumentrolle und Haushexen unter uns haben da ja so ihren Tic mit den Pflanzen. Auch meinen Nicht- Freund aus Kapitel 15 des ersten Teils (Höllenjob für einen Dämon) treffen wir wieder. Ahai, der Inder mit seinem Taxi- fehlt eigentlich nur noch der Querverweis das er die CD: 'Straight to hell' (Interpret: Rage) einlegt. Doch trotz brachialem Fahrstil und coffee-to-go der es wahrlich in sich hat, holen Ravael, Shatan und Elegoth, sowie der Kaktus und ein Körperloser ebenfalls alter Bekannter aus dem ersten Teil, die ausgebüxte Lilith nicht mehr ein. Schlimmer noch sie geraten in ganz eigene Probleme.

Des Pudels Kern war gestern-
Heute heißt's: "Wo kommt das Schaf her?"

Diesmal haben wir es wirklich mit einem echten Müllabfuhr- Auftrag zu tun. Denn es stehen ein paar Existenzen mehr auf dem Spiel, als Ravaels Seraphflügel. Wieder finden wir Jehova in der Position des Allmächtigen wieder, der scheinbar skrupellos über Leichen geht um seine persönlichen Ziele zu erreichen und am Ende ganz schön blöd aus der Wäsche schaut. Spätestens dann, wenn endlich der Charakter auftaucht, nach dem ich mir ja so was von die Finger geleckt habe, es geht doch nichts über die richtig guten Bösen. Und hier sitzt dann auch der 'kasus knaxus' an dem die Charaktere wieder alle aufeinander treffen.

Für meine Meinung viel zu spät, denn bis hier hin ging es mir langsam aber sicher auf den Keks, dass Lilith und Ravael einen auf 'Julia und Romeo' machen. Was ich super finde an beiden Teilen ist das Lied vom Spiel mit dem Tod. Der Reißverschluß dieser Geschichte stockt jedoch und könnte gern ein wenig mit Wachs eingerieben werden, damit alles ineinander greift. Wahrscheinlich hat Lil hier die Harfensaiten so sehr malträtiert, das sie abgesprungen sind und wir wissen ja wie schwer man an neues Engelshaar ran kommt um die Töne wieder gerade zu biegen. Den Epilog hätte ich nicht benötigt, aber ich kann durchaus verstehen, das der Ausblick dazu gehört damit man wenigstens weiß, wie die Verteilungen jetzt sind.

Fazit:

Wenn man sich mit einem Buch so intensiv beschäftigt, wie mit diesem, kann man gar nicht sagen, dass es voll vergeigt ist. Es hat einige Schwächen gehabt, vor allem im Bereich der Zuckerwatte, die mir 'Flug- Karies' beschert hat. Was für mich aber Dinge des: UAHRGH sind, sind für andere genau der Grund die Protagonisten und Nebencharaktere zu lieben.

Gegenüber dem ersten Teil hat diese Geschichte deutlich eingebüßt. Vielleicht auch, weil die Idee im ersten Buch so herrlich erfrischend daher kam und im zweiten nicht mehr ausgeschöpft wird. Auch könnte in Lilliths Job gern noch eine Packung Humor und Zynik mehr mit drauf gelegt werden. Obwohl es einige vielversprechende Andeutungen gab. Ich bereu' es aber nicht, mir die beiden 'Jobs' zugelegt zu haben.

Urteil: "Rosa ist perfekt."

Tipp: Die Lesekatzen Interviews mit Shatan und Lilith!