Rezension

Strickverrückt und authentisch - Ben Fletchers Tagebuch macht Spaß!

Ben Fletchers total geniale Maschen - T. S. Easton

Ben Fletchers total geniale Maschen
von T. S. Easton

Ein lustiges und kurzweiliges Buch, wenn man einen Einblick in das Leben eines etwas schräg im Leben stehenden, phantasievollen Jungen erlangen möchte und zudem ein Fan von Handarbeiten ist. Vielleicht nicht unbedingt für das Lesealter ab 12 geeignet, aber für alle anderen sicher ein großer Lesespaß, vor allem, wenn nicht allzu viel Tiefgang gewünscht ist, sondern die Unterhaltung im Vordergrund stehen soll - und davon hat man mit diesem Buch reichlich!

Der erste Satz: "Mum und Dad tun es schon wieder."

Das Innere: Ben hat es nicht leicht. Er möchte eigentlich nur unbeschadet durch sein jugendliches Leben kommen, aber mit seiner chaotischen Familie und seinen unberechenbaren Freunden hat er es wahrlich nicht leicht. Als ein zweifelhafter Streich seiner Freunde dazu führt, dass Ben eine Bewährungsstrafe erhält, versucht er alles, um seine befleckte Weste wieder reinzuwaschen. Er führt Tagebuch für seine Bewährungshelferin und hat auch gar nichts dagegen, den Abendkurs, zu dem er verdonnert wird, zu besuchen, auch wenn es dabei um "Stricken für Anfänger" geht - zumal seine angebetete junge Lehrerin diesen leiten soll. Doch es kommt alles ganz anders, und auf einmal wird es für Ben richtig turbulent...

Das Wesentliche: Zunächst einmal: Ich bin ein Freund von Handarbeiten. Stricken liebe ich selbst, komme nur viel zu wenig dazu. Dieses Buch hat mich dazu animiert, endlich mal wieder meine Strickarbeit zur Hand zu nehmen, denn wenn sogar Ben das kann, kann ich das schon lange! Doch von Anfang an: Ben ist ein toller Junge. Er lebt in einer etwas seltsamen Familie: Bens Mutter ist kaum da, weil sie als Zauberin ihren Lebensunterhalt verdient. Bens Vater geht in seiner Freizeit am liebsten der Autoschrauberei nach und genießt seine freien Stunden, indem er Fußballspiele besucht, zu denen er Ben gerne mitschleppt, der dem Thema aber so gar nichts abgewinnen kann. Nein, Ben sagt sogar von sich selbst: "Ich schreibe und lese gerne, mag Mathematik und das Organisieren von Dingen". Wenn man diese Sätze liest, bekommt man schon einen guten Einblick in Bens Charakter. Bens Familie wird komplettiert durch seine kleine altkluge Schwester Molly, auf die der Autor aber auch hätte verzichten können, denn sie spielt für die Geschichte eigentlich gar keine Rolle.

Bens sogenannte "Freunde" hat er eigentlich auch eher notgedrungen. Aber so ganz kann er sich deren Einfluss nicht entziehen, und so passiert es, dass wegen eines Missgeschicks rund um den Diebstahl einiger Flaschen Alkohol nur Ben zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wird, während die anderen Jungs mit einer Verwarnung davon kommen. Ben bemüht sich ab sofort nach Kräften, auf dem rechten Weg zu bleiben, was man ihm als Leser auch sofort abnimmt. Es kommt recht glaubhaft rüber, dass Ben Tagebuch führt, um seiner Bewährungshelferin seinen Tagesablauf zu schildern, und das sogar gerne tut. In diesem Tagebuchstil sind dann auch die Kapitel geschrieben, was dem Leser erst recht einen guten Einblick ins Bens Gefühls- und Gedankenwelt gibt.

Wie Ben an den Strickkurs gelangt, sollte jeder selbst lesen. Als es dann so weit ist und Ben nach und nach in der Strickwelt versinkt, ist es ein wahrer Genuss, seinem "Werdegang" zu folgen. Zu Beginn versteckt er noch verschämt seine Strickzeitschriften zwischen den Seiten des "Playboy", nur um im weiteren Verlauf jede freie Minute dazu zu nutzen, um auf seinem Zimmer ganz in Ruhe seinem neuen Hobby nachzugehen. Mehr und mehr lernt er dazu, bis er irgendwann ganz professionell über Stricknadel-Marken und die Zusammensetzung seiner Wolle diskutiert und sich über Strick-Podcasts weiterbildet...

"Stricken ist in Gesellschaft lustiger. Gesellschaft ist lustiger mit Stricken."

Aber das ist es nicht alleine, es gibt darüber hinaus noch richtig viel im Buch zu entdecken: Bens Schwärmerei für die junge, hübsche Lehrerin und parallel sein Wunsch nach einer echten Freundin, eine ältere Dame, die ihr wahres Ich erst zeigt, als sie feststellt, dass Ben und sie auf der gleichen Wellenlänge liegen, chaotische Strickwettbewerbe und die ersten Versuche eines angehenden Jungautors, auf der "Shades of Grey"-Welle mitzuschwimmen. Alle diese Themen in ein Buch verpackt geben ein rundes Bild, und die tolle, dem Autor scheinbar wie von selbst von der Hand gegangene Schreibweise hat mich gepackt und mir richtig Freude beim Lesen bereitet. Oft musste ich tatsächlich laut lachen, und das hätte ich von diesem Buch ursprünglich nicht erwartet - insofern war das Lesen dieses Jugendromans tatsächlich eine große Überraschung für mich.

Übrigens wird Bens strickverrückte Geschichte weitergehen: Teil 2 ist bereits auf Englisch erschienen und heißt "An English Boy in New York". Ich freue mich schon auf die deutsche Fassung!

Das Fazit: Ein lustiges und kurzweiliges Buch, wenn man einen Einblick in das Leben eines etwas schräg im Leben stehenden, phantasievollen Jungen erlangen möchte und zudem ein Fan von Handarbeiten ist. Vielleicht nicht unbedingt für das Lesealter ab 12 geeignet, aber für alle anderen sicher ein großer Lesespaß, vor allem, wenn nicht allzu viel Tiefgang gewünscht ist, sondern die  Unterhaltung im Vordergrund stehen soll - und davon hat man mit diesem Buch reichlich!

Die Bewertung: Vier von fünf Sternen