Rezension

Thriller mit nachdenkenswerten Hintergründen

Am Ende die Dunkelheit (Nur bei uns) -

Am Ende die Dunkelheit (Nur bei uns)
von Thomas Kowa

Bewertet mit 4.5 Sternen

Zwei spannende Thriller aus der Schweiz

Thriller mit Ich habe Thomas Kowa im Doppelband (heute sagt man wohl „bundle“) „Am Ende der Dunkelheit“ aus dem dp(Digital Publishers)-Verlag. gerade frisch kennengelernt. „Seelenschlaf“ ist eine überarbeitete Version des 2016 erschienenen „Remexan“ und „Engelsstille“ eine Neuausgabe von „Redux – Das Erwachen der Kinder“.

Ich glaube, seit „Heidi“ von Johanna Spyri ist Thomas Kowa der erste Schweizer Autor, den ich gelesen habe (oh, nein, sorry, Herr Frisch und Herr Dürrenmatt). Und auch an die Schweiz als Handlungsort kann ich mich nicht erinnern...

Aber mir hat es gut gefallen, mich auch mal inhaltlich mit der Schweiz zu beschäftigen, z.B. musste ich sofort die Entfernung Basel – Bern bei Google nachsehen (98 km), die Erik Lindberg täglich zu seinem Arbeitsplatz fahren muss. Auch sonst habe ich einiges über die Schweiz / die Schweizer erfahren, was ich bisher nicht wusste (ja, ja, Lesen bildet!)

Seelenschlaf

Erik Lindberg hat sich gerade von Berlin nach Bern zur Schweizer Bundespolizei versetzen lassen, da Paula – seine Freundin – im Wachkoma liegt und in der Berliner Charité als „austherapiert“ gilt. Jetzt hat Erik die Hoffnung, dass sich ihr Krankheitszustand in ihrer Heimat verbessert. Er besucht sie täglich in der Klinik, obwohl er dafür zwischen Bern und Basel pendeln muss.

Gleichzeitig ist er beruflich sehr gefordert: es finden mehrere sehr brutale Morde statt, bei denen er zu ermitteln hat. Nur sehr langsam zeichnet sich eine Gemeinsamkeit heraus: es könnte das neue Psychopharmaka Remexan sei: es kann die durchschnittliche Schlafdauer auf nur eine Stunde reduzieren, man fühlt sich frisch und erholt. Eriks Chef ist selbst so begeistert davon und ordnet deshalb an, dass alle seine Mitarbeiter*innen dieses Medikament zu nehmen haben, andernfalls droht ihnen die Kündigung. Während Eriks Kollegin Carla das Medikament verweigert und die Kündigung erhält, lassen sich Eriks und seine neue Kollegin Mia zähneknirschend darauf ein.

Über die Krimihandlung werde ich hier nichts weiter verraten, der Spannungsbogen wird konsequent aufrechterhalten – mich hat das Ergebnis zufrieden zurückgelassen!

Aber sehr faszinierend fand ich auch das Gedankenspiel um das Remexan, was geschähe mit der Menschheit, wenn es dieses Mittel tatsächlich geben würde und die tägliche Schlafdauer auf eine Stunde reduziert werden würde?

Engelsstille

Erik und Mia müssen in einer sehr merkwürdigen Serie von Mordopfern ermitteln: Frauen werden stranguliert, in weiße Hemden gekleidet und mit einer Gänsefeder auf den Lippen begraben – allerdings werden ihre Gräber sehr schnell gefunden…

Hier erfahren wir einiges über einen möglichen religiösen Tathintergrund, setzen uns mit dem „Limbus“ (der Vorhölle für ungetaufte Kinder, er war jahrhundertelang gelebter Bestandteil der katholischen Kirche, wurde erst 2007 widerrufen – erfahren wir im Vorwort des Autors)) auseinander, lesen über historische Taufzeremonien. Inwieweit können Führer obskurer Sekten ihre Gemeindemitglieder manipulieren? Auch hier fand ich die Überlegungen von Thomas Kowa „hinter den Morden“ sehr intelligent und durchdacht.

Die Spannung wurde wieder konsequent gehalten, das „Show-Down“ habe ich als atemberaubend erlebt – im wahrsten Sinne des Wortes…

 

Erik Lindberg war mir schnell sehr sympathisch, mir gefiel er in seiner Besorgnis um Paula. Seine Kolleginnen Carla und Mia habe ich in ihrer Gegensätzlichkeit gern begleitet. Ein wahrer Hochgenuss waren Eriks Gespräche und Auseinandersetzungen mit seinem Box- und Schachpartner.

Mir persönlich waren die Morde etwas zu grausam und detailliert geschildert, aber mir ist schon klar, dass wahre Thriller-Fans es lieben werden…

Aber mir haben beide Bücher trotzdem sehr gut gefallen, ich empfehle sie sehr gern weiter mit der Einschränkung, dass Menschen wie ich die Mordbeschreibungen großzügig überlesen sollten (die Spannung bleibt trotzdem erhalten) und die Auseinandersetzungen mit den beschriebenen Themen lohnt sich auf jeden Fall!