Rezension

Tiefgründige Geschichte

Schattenzeit
von Amelie Fischer

Bewertet mit 5 Sternen

„...Du bist ein unfassbar intelligente, sportliches und hübsches junges Mädchen. Und du hast eine super Figur...“

 

Das klingt gut, doch Paula hat ein Problem damit, dass sie mit 16 Jahren noch wie 12 aussieht und von weiblichen Rundungen nichts zu erkennen ist. Das ist bei ihrer Zwillingsschwester Jule anders.

Noch sind die Zwillinge auf Urlaubsreise in Schweden. Es scheint zu alles passen. Es sind fast unbeschwerte Tage – leider die letzten. Paula ahnt nicht, dass Jule mit ihrem Körper unzufrieden ist und in wenigen Wochen das Familienleben gehörig durcheinander bringen wird.

Die Autorin hat einen fesselnden und tiefgründigen Jugendroman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.

Eigentlich leben die Zwillinge mit ihrer 18jährigen Schwester Hanna in einer harmonischen Familie. Es fehlt ihnen an nichts. Doch dann muss Paula zusehen, wie ihre Schwester immer weniger wird. Gleichzeitig hat sich Paula in den neuen Schüler das erste Mal verliebt.

Die Geschichte wird von Paula erzählt. Sehr gut werden ihre Emotionen wiedergegeben, auch die zum eigenen Körper:

 

„...Nach wie vor war ich in diesem kindlichen Aussehen gefangen. Mal hasste ich es, mal mochte ich es. Es war Fluch und Segen zugleich...“

 

Jedes neue Kapitel beginnt mit einer Zahl. Sie steht für Jules aktuelles Gewicht. Paula sieht das so:

 

„...Ich hatte zwar keine Erfahrung mit dem Abnehmen, aber meiner Einschätzung nach hatte Jules Verhalten nichts mit einer normalen Diät zu tun...“

 

Paula fühlt sich alleingelassen. Hanna hat ihren Freund und zieht sich immer öfter zurück. Die Eltern registrieren, was passiert, es wird aber in der Familie nicht darüber gesprochen. Dafür erlebt Paula in der Schule immer öfter, dass sie auf Jules Aussehen hingewiesen wird. Die Lage überfordert sie. Es besteht die Gefahr, dass sie psychische Schäden erleidet.

Zu Weihnachten eskaliert die Situation. Die Eltern haben kurzerhand die Initiative ergriffen und einen Klinikplatz versorgt. In dem Moment hatte ich den Eindruck, dass Jule froh darüber war. Sie hat sich nicht aufgelehnt, sondern die Hilfe angenommen.

Währenddessen entwickelt sich zwischen Paula und Luca eine zarte Freundschaft. Doch auch hier trügt der Schein. Paula steht sich selbst im Weg. Sie ist bereit für Luca, ihr Körper nicht.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt an zwei völlig unterschiedlichen Beispielen, wie tief körperliche Probleme die Psyche beeinflussen können.