Tiefgründiges über einen Hochstapler
Bewertet mit 4 Sternen
Doktor Wasser ist mittlerweile 80 Jahre alt und ein begeisterter Teilnehmer an Preisausschreiben. Das Rätseln war sein persönliches Rezept, um ein hohes Alter zu erreichen. Die Gewinne wären teils beachtlich gewesen, wenn Kurth Wasser sie nicht verfallen ließe. Warum er wohl die Kreuzfahrt nach Bali nicht angetreten hat? Wasser verweilt in Gedanken bei Momenten und Stimmungen, die zeitlich schwer einzuordnen sind, weil sie schon Jahrzehnte zurückliegen. Allmählich wird deutlich, dass der Mann ein Hochstapler ist, der mit der Identität eines DDR-Flüchtlings in Schweden Karriere als Schlafforscher gemacht hat und bis zum Ministerialrat aufgestiegen ist. Der ehemalige Bootsmechaniker Kent Andersson spielt ein gefährliches Spiel; denn die DDR-Behörden könnten ihn theoretisch bis nach Schweden verfolgen, um z. B. die Kosten seines Studiums von ihm zurückzufordern. Wie bereits seinen Vater ziehen Lügen Wasser magisch an. Dem chronischen Lügner gelingt es, in der falschen Identität seine Herkunft, seine Eltern und die Freunde seiner Kindheit abzuschütteln. Wassers von einflussreichen Mentoren geförderte Karriere verläuft nicht ohne Irritationen. Eines Tages taucht in seiner Klinik eine Person auf, die behauptet, Kurth Wasser zu sein. Ein anderes Mal erhält er den offiziellen Auftrag, einen angeblichen Scharlatan unter die Lupe zu nehmen. Was würde passieren, wenn sich zwei chronische Lügner gegenübertreten?
Kurth Wassers Werklehrer weckte bei ihm das Interesse an Science Fiction und Zeitreisen. Mit dem Privileg eines fotografischen Gedächtnisses ausgestattet, wurde Wasser zur Hochstaplerei motiviert aus dem verständlichen Wunsch, jemand anderes, substantielleres zu sein. Ein sehr kurzer Roman, der an den Regeln unserer Wahrnehmung und an unseren Urteilen rüttelt und dabei erstaunlich tief geht.