Rezension

Todesurteil *****

VITA -

VITA
von Christina Dalcher

Bewertet mit 5 Sternen

Gegen die Todesstrafe setzt sich Staatsanwältin Justine Callaghan (welch bezeichnender Name!) in jungen Jahren ein. In einer Phase persönlicher Belastung spricht sie allerdings später selbst ein einziges Mal ein Todesurteil aus, obwohl sie weiß, dass sie persönlich mit ihrem Tod bezahlen muss, sollte sich das Urteil als falsch herausstellen. Und tatsächlich taucht Jahre später ein Beweismittel auf, das die Unschuld des Getöteten beweisen könnte. Justine steckt in einer Zwickmühle.

Vom Schreibstil eher nüchtern gehalten, präsentiert sich dieser Roman rund um das Thema Justiz und Bestrafung von Schwerverbrechern, Justine berichtet aus ihrer Sicht der Dinge in der Ich-Form, dazwischen spricht Insasse 39384 aus dem Todestrakt zum Leser. Einige Rückblenden und Gedanken an Justines Studentenzeit erklären, warum diese zu ihrer Überzeugung gelangt ist, dass die Todesstrafe, wenn schon nicht verboten, dann zumindest so selten wie möglich verhängt werden soll, der Rest der Handlung spielt in der Gegenwart und wird entsprechend in der Zeitform der Präsens geschildert. Trotz der sachlichen Erzählweise kann Christina Dalcher den Leser fesseln und dessen Gefühlsebene gut erreichen, bei manchen Szenen spürt man die sprichwörtliche Gänsehaut über den Körper laufen.

Auf faszinierende Weise entwickelt die Autorin ein juristisches Szenario vor dem Hintergrund der Rechtsprechung im US-Bundesstaat Virginia, wo die Todesstrafe zwar sehr selten, aber dennoch bisweilen ausgesprochen wird, allerdings unter dem Aspekt, dass derjenige selbst auf dem elektrischen Stuhl landet, der ein Fehlurteil verkündet hat. Nun könnte unsere Hauptfigur genau in dieses Dilemma schlittern, das sie selbst einige Jahre zuvor noch mitentwickelt hat. Großartig zeigt Dalcher, wie die erfahrene Staatsanwältin mit diesem Fall umgeht, wie sie dieses Problem lösen möchte. Auch wenn dem Leser vielleicht nicht jeder einzelne Handlungsschritt logisch erscheint, so muss man sich doch diese ganz spezielle Situation vor Augen halten, ich jedenfalls wüsste nicht, wie mit solch einer Zwangslage umzugehen wäre. In diesem Sinne kann ich Justines Vorgehensweise voll und ganz verstehen, das Ende, das nicht jede einzelne Frage abschließend beantwortet, passt perfekt zu diesem wunderbaren Gedankenspiel.

Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit - beste Unterhaltung mit einem eher ungewöhnlichen Thema bietet dieser Roman, berührende und erschütternde Szenen bleiben nicht aus, sodass man schnell mit verschiedenen Figuren mitfiebern muss. Ich spreche jedenfalls eine Leseempfehlung aus, insbesondere für jene, die sich für Rechtsprechung und deren Tücken interessieren.