Rezension

Tolle Atmosphäre

Das Geheimnis des Strandvogts - Volker Streiter

Das Geheimnis des Strandvogts
von Volker Streiter

Bewertet mit 4 Sternen

1845: Bei einer Wattfahrt von Föhr nach Amrum entdecken die Fahrgäste einer Kutsche eine Leiche. Es ist der Amrumer Postläufer Busso Dahl und es scheint, als sei er gleich mehrfach ermordet worden. Zu den Fahrgästen gehört auch der Reiseschriftsteller Johann Georg Kohl, der über die Insel Amrum berichten möchte, und nun versucht, den Mörder zu finden.

 

Volker Streiter ist es gelungen, einen sehr atmosphärischen Roman zu schreiben. Schon von der ersten Seite an, meint man, mit in der Kutsche zu sitzen, über die Insel zu streifen und eine Zeitreise gemacht zu haben. Nicht nur die Stimmung der Insel sondern auch die der Zeit sind wunderbar eingefangen. Es wird sehr bildhaft erzählt, die Sprache erscheint der Zeit angepasst.

 

Ich schreibe absichtlich „Roman“ und nicht „Kriminalroman“, denn, auch wenn es hier gilt, einen Mordfall zu lösen, laufen die Ermittlungen größtenteils nur nebenher. Natürlich wird der Fall gelöst und zwar logisch und konsequent, wenn auch größtenteils eher zufällig, aber dennoch hatte ich selten das Gefühl, einen Kriminalroman zu lesen. Meiner Meinung nach werden auch nicht alle Frage aufgeklärt, aber, da ich nicht spoilern möchte, unterlasse ich es, ein Beispiel zu nennen.

 

Der Autor legt offenbar größeren Wert darauf, uns die damaligen Lebensverhältnisse, die Insel, die darauf lebenden Menschen und deren Beziehungen näher zu bringen. Die Insulaner sind teilweise recht interessante Menschen, sei es der titelgebende Strandvogt, ein Kapitän im Ruhestand oder eine Kräuterkundlerin, jedoch ist es dem Autor in meinen Augen leider nicht gelungen, sie tiefgehend zu charakterisieren, sie bleiben mir fremd und berühren mich nicht wirklich. Gut gefallen hat mir, dass Johann Georg Kohl tatsächlich gelebt hat.

 

Die Beziehungen untereinander sind verstrickter, als man zunächst annimmt, die sich anbahnende Liebesbeziehung hätte es meiner Meinung nach nicht gebraucht, sie erschien mir etwas aufgesetzt und unter dem Motto „Jeder Roman benötigt eine Liebesgeschichte“.

 

Der Roman lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Der historische Aspekt und die tolle Atmophäre haben mich überzeugt, der Kriminalfall und die Charaktere weniger. Insgesamt möchte ich den Roman aber schon empfehlen, vor allem an jene, die gerne gut recherchierte historische Romane lesen und sich auf die nordfriesischen Inseln der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückversetzen lassen möchten.